E-Auto mit Wahnsinns-Modus

Bei dieser US-Limousine ist alles etwas anders als bei anderen Autos: 700 PS, zwei Motoren und Allradantrieb machen das Model S von Tesla zur echten Strom-Rakete. Die Energie dafür gibt es gratis.
von  Rudolf Huber
Klare Ansage: Wer „Wahnsinn“ wählt, bekommt Fahrleistungen wie in Supersportwagen.
Klare Ansage: Wer „Wahnsinn“ wählt, bekommt Fahrleistungen wie in Supersportwagen. © Rudolf Huber

München - Für null (in Zahlen: 0) Cent komfortabel, leise und flott von München nach Hannover und zurück? Das geht. Zumindest, wenn man vorher gut 100 000 Euro in den dafür notwendigen Untersatz investiert hat. Dann gibt es Fahrspaß der Superlative zum Nulltarif – und eine Menge spannender Erlebnisse. Die AZ hat's mit einem Tesla Model S P85D ausprobiert. Also mit dem Auto mit der „Wahnsinn“-Taste.

Tesla – das ist die Firma des Internet-Milliardärs Elon Musk aus Kalifornien. Der revolutioniert gerade das Thema Mobilität und zeigt der etablierten Auto-Branche, was so alles geht. Etwa in Form des seit Kurzem mit Allradantrieb und knackigen 700 PS (!) erhältlichen Model S namens P85D. Mehr Fahrspaß, Power, Dynamik, Komfort und Sicherheit fürs Geld gibt es derzeit nirgends. Dazu hat Tesla auch noch Alltags- und Langstreckentauglichkeit gepackt. Und zwar durch ein europaweites Netz von so genannten Superchargern, an denen die Akkus der E-Autos in Windeseile nachgeladen werden – zum Nulltarif! Deshalb auch München - Hannover und retour für null Cent. Den Strom bezahlt Mr. Musk.

Aber ehe wir zum praktischen Test des Supercharger-Netzes kommen, ein paar Details zur ungewöhnlichen Fortbewegung im 700 PS-Stromer. Vorne ein Motor, hinten ein Motor, dazu Tausende von Handy-Akkus geschickt unterm Auto verpackt: Fertig ist eine Luxuslimousine im Format eines BMW 5er oder einer Mercedes E-Klasse mit viel Platz für bis zu sieben Passagiere (zwei Kindersitze sind optional für den Kofferraum zu haben), zwei großen Gepäckabteilen (die E-Motoren sind sehr zierlich). Dass das Model S auch noch sehr schick aussieht und bei Ausstattung und Verarbeitung durchaus mit der etablierten Konkurrenz mithalten kann, kommt noch dazu. Ein echter Hingucker ist das riesige Tablet zwischen Fahrer und Beifahrer, über das fast alle Einstellungen erledigt werden. Wer ein Smartphone bedienen kann, hat damit keine Probleme.

Über die Fahrzeugeinstellungen gelangt man auch an die virtuelle Taste, die nur Tesla hat. Die gewünschte Art der Fortbewegung lässt sich von „Sport“ auf „Wahnsinn“ verschieben. Steht da wirklich, ist auch der Wahnsinn. Denn damit kann das Model S einen allradgetriebenen Start hinlegen, der wie nicht von dieser Welt wirkt. Weil er nämlich fast völlig geräuschlos vonstatten geht. Kopf an die Kopfstütze drücken, weil's sonst zum Schleudertrauma kommen könnte, Vollgas. Wie von einem gewaltigen Katapult weggeschleudert schießt der 2,2-Tonner davon, ist in 3,4 Sekunden auf 100 und wird erst bei 250 Sachen elektronisch eingebremst. Dieses Gefühl ist wirklich unglaublich, man möchte es immer wieder erleben. Das ist ein Fall für die Suchtberatung.

Auf der Langstrecke sollte man solche Tempo-Exzesse aber tunlichst vermeiden. Denn dann schrumpft die nur bei sehr sanfter Fahrweise erreichbare Reichweite von rund 480 Kilometern dramatisch zusammen. Wer auf der Autobahn mit 120 bis 140 Sachen unterwegs ist, schafft gut 300 Kilometer am Stück. Das reicht auf den Hauptverbindungsstrecken in Deutschland locker, um die nächste Ladestation zu erreichen. Der AZ-Langstreckentest führte vom Irschenberg, wo es in Autobahnnähe einen Supercharger gibt, nach Pfaffenhofen, Gramschatz bei Würzburg und in die Kasseler Berge.

Der Bordcomputer schickt den Fahrer direkt zur nächsten sinnvollen Tankgelegenheit und errechnet nach dem Anstecken die Zeit bis zum Weiterfahren. Zwischen zehn und 40 Minuten waren das auf der Strecke nach Hannover, je nach Fahrweise und nach Abstand der Supercharger. Das verlängert natürlich die Fahrzeit deutlich, entspannt aber auch ungemein: Man kann immer mal wieder einen Kaffee in einem der Autohöfe trinken und sich nett mit anderen Tesla-Fahrern oder -Fans unterhalten. Vier Stopps waren es pro Fahrtstrecke, die muss man bei der Reiseplanung einkalkulieren.

Phänomenale Fahrleistungen und viel Luxus und Komfort auf der einen Seite, eine etwas andere Langstreckentauglichkeit als bei herkömmlichen Verbrenner-Fahrzeugen auf der anderen: Der Tesla P85D (das D steht für Dual-Motor, das 85 für die Batteriekapazität in Kilowattstunden) ist ein faszinierendes Stück Autotechnik. 106 540 Euro sind dafür mindestens fällig. Aber dafür spart man schließlich bei jedem „Tanken“ am Supercharger. Ohne Tesla-Sponsoring wären rund sechs Euro pro 100 Kilometer fällig. Im Wahnsinns-Modus auch deutlich mehr...

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