Die Vision vom unfallfreien Fahren

Mercedes rüstet die E-Klasse mit neuen Assistenzsystemen auf, die einer der gravierendsten Schwachstellen im Straßenverkehr unter die Arme greifen soll: dem Fahrer.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Eine Fülle von Assistenten soll helfen, die Aufmerksamkeit des Fahrers zu erhalten.
Werk 2 Eine Fülle von Assistenten soll helfen, die Aufmerksamkeit des Fahrers zu erhalten.
Deutlicher Hinweis. Eine dampfende Tasse mit Kaffee soll zu einer Pause animieren.
Werk 2 Deutlicher Hinweis. Eine dampfende Tasse mit Kaffee soll zu einer Pause animieren.

STUTTGART - Mercedes rüstet die E-Klasse mit neuen Assistenzsystemen auf, die einer der gravierendsten Schwachstellen im Straßenverkehr unter die Arme greifen soll: dem Fahrer.

Noch haben die wenigsten die neue E-Klasse gesehen, geschweige denn gefahren. Doch ein wenig haben nun die Mercedes-Verantwortlichen den Vorhang gelupft: Mit einer Vielzahl neuer oder überarbeiteter Assistenzsysteme sowie dem Einsatz von vorausschauenden Kameras möchte der Stuttgarter Hersteller der Vision vom unfallfreien Fahren näherkommen. Die E-Klasse, so heißt die Zielvorgabe, soll die sichersten Fahrzeuge dieses Marktsegments bieten – für deren Insassen und für andere Verkehrsteilnehmer.

„Den Fahrer rechtzeitig vor einer drohenden Gefahr zu warnen, ihn gezielt bei seiner Fahraufgabe zu unterstützen und ihn vor den Folgen eines Unfalls zu schützen“, fasst Entwicklungschef Ulrich Mellinghoff den Anspruch an ein ganzheitliches, umfassendes Sicherheitskonzept zusammen. Die bereits für die automatische Abstandsregelung (Distronic) eingesetzten Radarsensoren seien deshalb durch ein kameragestütztes System ergänzt worden: „Der Wagen kann so nicht nur Geschehnisse seiner Umgebung erkennen, er kann sie auch verstehen und interpretieren.“

Ein gläsernes Auge passt auf

Eine kleine Kamera an der Innenseite der Frontscheibe beobachtet das Verkehrsgeschehen vor dem Auto. Tagsüber sind die von ihr aufgenommenen Informationen Grundlage für die Arbeit der Verkehrszeichenerkennung, die das jeweilige Geschwindigkeitslimit im Kombi-Instrument anzeigt, oder des Spurhalteassistenten.

Nachts ist das gläserne Auge die Basis für den „Adaptiven Fernlicht-Assistenten“, laut Mercedes derzeit noch einzigartig auf dem Markt. Der Hintergrund für die Neuentwicklung: Die Entwickler fanden heraus, dass nur bei rund acht Prozent aller Fahrten das Fernlicht eingeschaltet wird. Der meistgenannte Grund: Das ständige Auf- und Abblenden wegen des Gegenverkehrs nervt. Diese Zeiten sind jetzt vorbei. Erkennt die Kamera ein entgegenkommendes oder vorausfahrendes Auto, dann berechnet das System dessen Entfernung, passt automatisch und ohne Zutun des Fahrers die Leuchtweite der Bi-Xenon-Scheinwerfer dem Abstand an. Das geschieht ganz fließend und immer nur soweit, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht geblendet werden. Tests haben gezeigt, dass mit dem adaptiven Fernlicht Menschen oder Gegenstände am Fahrbahnrand rund 150 Meter früher ins Blickfeld geraten als mit herkömmlichem Abblendlicht. Ein Sicherheitsgewinn, der allerdings aufpreispflichtig sein wird.

Ein Lenkrad-Sensor gibt Müdigkeits-Alarm

Ganz im Gegenteil zur Müdigkeitserkennung, die es in der neuen E-Klasse gibt. Lange haben die Mercedes-Techniker nach einer Möglichkeit gesucht, die Leistungsfähigkeit des Fahrers zu bewerten. Die Lidschlag-Beobachtung hat sie ebenso wenig überzeugt wie die alleinige Auswertung von EEG-Messungen. Wesentlich aussagekräftiger ist dagegen das Lenkverhalten. Normalerweise tariert man über das Lenkrad immer wohldosiert und quasi unbewusst das Fahrzeug aus. Bei aufkommender Müdigkeit geschieht das immer weniger. Mercedes hat das Lenkrad deshalb mit einem sensiblen Sensor bestückt, der gemeinsam mit Merkmalen wie der Pedalbewegung, dem Erfassen von Fahrbahnunebenheiten oder der Uhrzeit und Fahrdauer eine Aussage darüber trifft, ob eine Pause notwendig wäre. Dann erscheint im Cockpit eine dampfende Tasse – die nicht eher wieder verschwindet bis ein kurzer Stopp eingelegt wurde.

"Pre Safe" macht Schluss mit halbherzigem Bremsen

Doch nicht nur die Müdigkeit oder der Sekundenschlaf stellen ein Risiko während der Fahrt dar. Plötzlich ausscherende Lkws oder ein überraschendes Stauende bergen eine vielleicht noch viel größere Unfallgefahr. Dem soll das überarbeitete präventive Insassenschutzsystem „Pre-Safe“ begegnen. Dazu wurden die Möglichkeiten der Radarsensoren und der Bremsassistenten weiter ausgeschöpft. Bisher leitete die Pre-Safe-Bremse nach erfolgloser optischer oder akustischer Warnung 1,6 Sekunden vor einem wahrscheinlichen Aufprall eine Teilverzögerung mit 40 Prozent der maximalen Bremsleistung ein. Dieses „halbherzige Bremsen“ gehört bei dem weiterentwickelten Pre-Safe der Vergangenheit an. 0,6 Sekunden vor einer unvermeidbaren Kollision wird ohne Zutun des Fahrers eine Vollbremsung ausgelöst. Diese massive Reduzierung der Aufprallgeschwindigkeit trägt wesentlich dazu bei, die Unfallschwere zu verringern.

Alles schön und gut, teils auch aufpreispflichtig, doch Sicherheitsexperte Mellinghoff kennt auch die Grenzen der neuen Technik. Das ist der Mensch am Steuer. Deshalb warnt er: „Auch Assistenzsysteme haben ihre Grenzen. Der Autofahrer bleibt stets in der Verantwortung.“

ddp

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.