Dement am Steuer: Ab wann wird's gefährlich?

In einem frühen Stadium der Erkrankung ist es meist noch nicht nötig, das eigene Auto aufzugeben. Es gibt jedoch bestimmte Alarmsignale. – Welche das sind und worauf vor allem Angehörige achten sollten.
Julia Naue |
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Bei einer schweren Altersdemenz sollten Senioren sich nicht hinters Steuer setzen.
dpa Bei einer schweren Altersdemenz sollten Senioren sich nicht hinters Steuer setzen.

Autofahren bedeutet für viele Menschen Unabhängigkeit. Wer an Demenz erkrankt, büßt im Alltag viele Freiheiten ein – und auch das Autofahren gehört auf lange Sicht dazu. Denn bei schwerer Altersdemenz, so regelt es die Fahrerlaubnis-Verordnung, gilt ein eindeutiges Fahrverbot. „Bei einer leichten Demenz darf aber durchaus noch gefahren werden“, sagt Heike Elisabeth Philipp-Metzen von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.

Doch das Frühstadium einer Demenzerkrankung ist schwer zu umreißen und verläuft von Person zu Person unterschiedlich. Philipp-Metzen warnt, dass die Fahrfähigkeit von Betroffenen, aber auch von Angehörigen oft falsch eingeschätzt wird. Ein erstes Anzeichen dafür, dass es beim Fahren nicht mehr richtig klappt, ist Orientierungslosigkeit.

 

Wer sich auf bekannten Strecken verfährt, der sollte hellhörig werden

 

„Das heißt nicht, dass jeder, der sich mal verfährt, sofort fahruntauglich ist“, sagt ADAC-Verkehrsmedizinerin Almut Schönermarck. Doch kommt das häufiger vor – besonders auf bekannten Strecken –, sollten Betroffene das Gespräch mit dem behandelnden Neurologen oder Psychiater suchen. Schönermarck hält auch nichts davon, bei zunehmender Orientierungslosigkeit auf ein Navigationsgerät umzusteigen. „Da ist einfach schon ein Stadium erreicht, wo gefahrloses Autofahren nicht mehr möglich ist“, erklärt sie. Außerdem seien Betroffene häufig mit komplexen Verkehrssituationen überfordert.

Lesen Sie hier: Immer mehr Deutsche leiden an chronischen Schmerzen

Deshalb ist es wichtig, Demenzkranke schon kurz nach der Diagnose auf das Leben ohne Auto vorzubereiten. Dazu gehört, sich früh über Alternativen Gedanken zu machen. Wer etwa sonntags einen Familienausflug plant, sollte vielleicht ausnahmsweise mal nicht das Auto nehmen. „Stattdessen kann man schauen, ob vielleicht auch Bus oder Bahn eine Möglichkeit sind“, rät Schönermarck.

 

Am besten einen mit einem Fahrlehrer oder Neurologen machen

 

Um die Fahrfähigkeit besser einzuschätzen, rät Philipp-Metzen zu einer Fahrprobe mit einem Fahrlehrer, Gerontopsychologen oder Neurologen. „Denn Desorientierung und Gedächtniseinbußen können sich desaströs auf das Fahrvermögen auswirken“, sagt sie. Experten könnten auf jeden Fall besser einschätzen, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist und wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, das Auto stehen zu lassen.

Außerdem gibt es kognitive Screeningtests wie den Mini-Mental-Status-Test. Sie haben jedoch nur eine bedingte Aussagekraft, wie der Gerontopsychiater Dirk Wolter in einer Veröffentlichung zum Thema kritisiert. Ein Fahrsimulator könnte weitere Hinweise geben – letztlich müssten aber alle Bausteine zusammengefügt werden, um eine Einschätzung abzugeben.

Wer die Diagnose Demenz erhält und im Anfangsstadium noch weiter fahren möchte, sollte auf alle Fälle die Auto- und Privathaftpflichtversicherung informieren. Denn möglicherweise hat die Diagnose Auswirkungen auf den Versicherungsschutz. „Betroffene sollten fragen, ob sich die Versicherungsbedingungen ändern“, rät Philipp-Metzen. Denn sonst kann es bei einem möglichen Unfall Probleme geben.

Schwierig wird es, wenn die Krankheit weit fortgeschritten ist und Betroffene nicht einsehen, dass sie nicht mehr fahren können. „Am Anfang ist diese Einsicht oft noch gegeben“, sagt Philipp-Metzen. Aber je mehr die Demenz fortschreitet, desto weniger verstehen Erkrankte das. Die Expertin empfiehlt Angehörigen, das Auto dann außer Sichtweite zu parken, damit das Gespräch erst gar nicht auf das Fahrzeug gelenkt wird.

 

Betroffene sehen es oft nicht ein, dass sie nicht mehr fahren sollen

 

Statt immer wieder mit dem Betroffenen zu diskutieren, können Angehörige sich auch kleine Ausreden wie „Das Auto ist kaputt“ oder „Der Schlüssel ist weg“ ausdenken. Schließlich soll das Auto nicht ständig Konfliktthema sein – und solche Ausreden akzeptieren Betroffene oft leichter.

Verursacht ein Erkrankter einen Autounfall, kann er aufgrund seiner Erkrankung in der Regel nicht dafür verantwortlich gemacht werden. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist geregelt, dass eine Person, die „im Zustand der Bewusstlosigkeit oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit einem anderen Schaden zufügt“ für den Schaden nicht verantwortlich ist.

Damit es so weit erst gar nicht kommt, können Angehörige das Auto auch in einen fahruntüchtigen Zustand versetzen und zum Beispiel die Batterie abklemmen. „Es ist einfach wichtig, eine Selbst- und Fremdgefährdung auszuschließen.“

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