Countryman: Der große Mini
MÜNCHEN - Vier Türen, Allradantrieb und über vier Meter Außenlänge: Die vierte Variante des Mini rollt im September an. Mit 90 bis 184 PS und zu Preisen ab 20200 Euro. Die Az hat den Newcomer schon ausprobiert.
Der Erfolg des Mini ist kaum aufzuhalten. 1,7 Millionen Fahrzeuge sind in 80 Ländern der Welt verkauft worden seit BMW die Marke erstaunlich nahtlos in das etablierte Modell-Portfolio integriert hat. BMW und Mini, da ist etwas zusammengewachsen, was nie zusammen gehörte und trotzdem prima harmoniert.
Zum dreiblättrigen Kleeblatt (Mini, Cabrio und Clubman) kommt nun am 18. September mit dem Countryman ein viertes Blatt hinzu. Kein schlechtes Omen, aber dennoch ist Nervosität vor dem Marktstart spürbar: Für ein Modell mit vier Türen, Vierradantrieb und erstmals mehr als vier Meter Außenlänge fehlt das historische Vorbild. Es bleibt also spannend, wie die Fan-Gemeinde auf das neue Angebot reagiert.
Der erste Fahrversuch jedenfalls endet mit Entwarnung. Die neue Dimension nimmt dem Mini nur ganz wenig von seiner Spontaneität, verwöhnt aber mit einem satten Plus an Raum- und Fahrkomfort. Doch obwohl der Countryman sanfter abrollt als jeder andere Mini, bleibt er in schnellen Kurven in der Spur, als seien Schienen in der Straße verlegt. Unter anderem liegt das daran, dass BMW zunächst nur das stärkste Modell mit Allradantrieb zur Verfügung stellte. Die Kunden haben später die Wahl zwischen fünf Leistungsstufen (ab 20200 Euro, 90 bis 184 PS), wobei auch bei der stärkeren der beiden Dieselversionen (24200 Euro, 112 PS) der Antrieb aller vier Räder gegen 1700 Euro Aufpreis lieferbar ist. Die Top-Version kostet 27900 Euro.
Eine Start-Stopp-Automatik ist serienmäßig drin
Dass der Countryman Cooper S mit 184 PS flink antritt (0-100 in 7,9 Sekunden), verwundert kaum. Trotzdem kämpft die steil stehende Front ab 160 km/h spürbar gegen den Fahrtwind an. Der cw-Wert, der den Windwiderstand einer Karosserie beschreibt, ist mit 0,36 nicht sonderlich überzeugend geraten. Mit ein Grund dafür, dass der Bordcomputer nach einer kurzen flotten Autobahnetappe von 9,1 auf 10,7 Liter hochschnellte. Nach Norm ist der Motor dagegen vorbildlich sparsam (6,7 l). Ein Wert, den allerdings die beiden Diesel mit 4,4 Liter eindrucksvoll unterbieten. Eine serienmäßige Start-Stopp-Automatik sorgt für gemäßigte Trinksitten auch im Stadtverkehr.
Mit seinem erweiterten und flexiblen Raumangebot (verschiebbare Fondsitze) wird der Mini Countryman zu einem Fluchtauto aus dem Alltag, das sich unkompliziert beladen lässt (Kofferraum: 350 bis 1170 l), vier Personen bequem befördert und auch mal unbefestigte Wege meistert.
Die Dreier-Sitzbank gibt es ohne Aufpreis
Ohne Aufpreis ersetzt auf Wunsch eine Dreierbank die beiden Einzelsitze hinten. Verzichten muss man dann allerdings auf die durchgängige Aluminiumschiene auf dem Mitteltunnel, die frei bewegliche Behälter für Getränke, Sonnenbrille und Handy aufnimmt. Die Serienausstattung ist mit Radio und Klimaanlage passabel. Die Aufpreisliste ausreichend lang, um ein maßgeschneidertes Modell zu konfigurieren und damit etwas für die Bilanz des Unternehmens zu tun.
Vielleicht wäre die Erweiterung des Modellprogramms der richtige Zeitpunkt gewesen, das Interieur des Mini, das mit seinem schlecht ablesbaren und überdimensionierten Tacho sowie den teils im Tiefparterre platzierten Schaltern in der iPod-Ära so zeitgemäß wirkt wie ein Kofferradio, grundlegend zu entrümpeln. Doch die Chance auf ein neues Umfeld haben MINI-Liebhaber wohl erst beim nächsten großen Modellwechsel. Wobei Design-Chef Gert Hildebrand versichert, dass ein Mini innen nie so aussehen wird, wie ein gewöhnliches Auto. Ein Mini-Kunde will eben wirklich nichts, was alltäglich ist.
Hans-Joachim Rehg