Auf den Spuren der Seidenstraße

Astrachan/Taschkent - Irgendwie hat der Range Rover Evoque dieses Softie-Image weg: Schaut zwar echt gut aus, ist aber eher ein Boulevard-Feger als ein echter Geländegänger. Fakt oder Vorurteil? Die AZ wollte es genau wissen. Und probierte den schicken Briten unter Extrembedingungen aus: 2700 Kilometer weit, beladen bis unters Dach. Und auf Straßen, die diese Bezeichnung oft nicht verdienen.
Wie lässt sich so ein Extrem-Test am besten durchziehen? Indem man sich in die derzeit laufende Land Rover Experience-Tour 2013 von Berlin nach Mumbai einklinkt. Im Fall des AZ-Reporters auf der Etappe vom russischen Astrachan am Kaspischen Meer bis ins usbekische Taschkent. Eine Seidenstraßen-Tour voller Überraschungen.
In voller Kriegsbemalung stehen die elf britischen Geländegänger bereit, über und über bepflastert mit Tour- und Sponsor-Logos, mit vier Zusatzscheinwerfern auf dem Dach, mit Diesel-Kanistern und Reservereifen auf dem Dachgepäckträger. Innendrin sind die Evoques mit Reisegepäck und Tour-Ausrüstung gefüllt, auf den Felgen sitzen spezielle Continental-Reifen.
Ansonsten sind die handgefertigten Vorserienmodelle absolut serienmäßig. Mit einer Besonderheit: Sie entsprechen schon der 2014er-Version. Wichtigste Neuerung: Das Neungang-Automatikgetriebe von ZF, das für sanftere Schaltvorgänge, eine weitere Gangspreizung und für einen geringeren Verbrauch sorgen soll. Unter der Motorhaube des Seidenstraßen-Renners werkelt der 2,2-Liter-Turbodiesel mit 190 PS namens SD4.
Astrachan – Beyneu: Das ist die erste Tagesetappe. 786 Kilometer weit geht es. Zunächst per Pontonbrücke über die Wolga, dann über Landstraßen dritter und vierter Ordnung. Staub, Sand, Schotter, dazwischen ständig Schlaglöcher, in denen sich ein ausgewachsenes Pferd verstecken könnte. Der Evoque steckt’s weg, ermöglicht trotz dieser Rahmenbedingungen vergleichsweise hohe Durchschnittsgeschwindigkeiten.
Quer durch Kasachstan führt die Tour nach Usbekistan, entlang der legendären Seidenstraße über Buchara und Samarkand bis nach Taschkent. Der Straßenzustand bewegt sich auch hier zwischen unglaublich schlecht und nagelneu geteert. Die Temperaturen im usbekischen Steppengebiet liegen bei bis zu knallheißen 43 Grad.
All dies ficht die Evoques nicht an. Sie spulen ihr Marathon-Programm unbeeindruckt ab, die neue Automatik sorgt trotz des hohen Gewichts, des durch die Dachlast extrem schlechten Cw-Werts und des zwischendurch flotten Reisetempos von bis zu 150 Sachen für einen Durchschnittsverbrauch von beachtlichen 8,2 Litern – gemessen ab dem Start in Berlin.
Klares Fazit: Das mit dem Boulevard-Feger ist definitiv ein Gerücht. Der Evoque ist ein echter Geländegänger – die Seidenstraßen-Touretappe hat es bewiesen.