Audi macht Öko-Strom
WILHELMSHAVEN Für den renommierten Umweltforscher Ernst Ulrich von Weizsäcker ist es „ein wunderschönes Projekt”. Für Fraunhofer-Wissenschaftler Michael Sterner ein „Schlüsselelement für die Energiewende”, eine „Brücke in die Zukunft”. Gemeint ist der Einstieg von Autoproduzent Audi in die Energie-Erzeugung. Aus dem Ertrag ihrer vier künftigen Windräder in der Nordsee wollen die Ingolstädter mit der Firma Solarfuel eine revolutionäre und „nachhaltige” Wertschöpfungskette schmieden. Schlagwort: Balanced Mobility.
Zum einen soll der Strom von der Nordsee – im ersten Schritt sind’s pro Jahr etwa 53 Gigawattstunden – für die umweltgerechtere Fahrzeug-Produktion und zum Antrieb der künftigen Audi-Elektroautos genutzt werden. Außerdem wird die Öko-Energie zur Herstellung von Wasserstoff verwendet – für die künftige Brennstoffzellen-Mobilität. Aus diesem Wasserstoff wird durch Hinzufügen von CO2 aus einer Biogasanlage in einer Raffinerie in Niedersachsen synthetisches Erdgas gewonnen, von Audi E-Gas genannt. Das kann ins vorhandene Erdgasnetz eingespeist werden. Und dient zum Antrieb von Audi-Erdgasautos. Den Anfang macht 2013 der künftige A3 als Modell TCNG, später folgt ein A4 TCNG.
Ein dickes Brett, das Audi da bohrt. Ganz im Sinne von Firmenchef Rupert Stadler, der das „ganzheitliche Denken” bei Produktion und Mobilität zum Ingolstädter Grundgesetz erhoben hat. Entwicklungsvorstand Michael Dick ist davon überzeugt, dass das Öko-Projekt „das Potenzial hat, der Diskussion über den Ausbau erneuerbarer Energien eine neue Richtung zu geben”.
Ganz einfach deshalb, weil Fachleute wie Fraunhofer-Forscher Sterner in der Produktion von E-Gas aus Ökostrom eine entscheidende Methode sehen, der Öl- und Gas-Abhängigkeit Deutschlands beizukommen. Denn bei aller Euphorie über abgeschaltete Atomkraftwerke und den Boom bei den erneuerbaren Energien bleibt bisher ein entscheidender Knackpunkt: Die Sonne scheint nicht unbedingt, wenn Strom gebraucht wird. Und der Wind weht nicht immer wunschgemäß.
Das bewirkt massive Lücken bei der Stromversorgung. Auch, weil die Speichermöglichkeiten in Zeiten der Überproduktion bisher zu gering sind. Werden alle Pumpspeicherwerke Deutschlands bis zum Rand mit Überschuss-Strom voll gepumpt, reicht die Energie, die im Bedarfsfall damit erzeugt werden kann, nicht mal eine Stunde. „Für Gas gibt es in Deutschland sehr viel größere Speicher”, sagt Sterner. Und zwar um den Faktor 3000 größer. Sein Fazit: „E-Gas löst das Kernproblem der Speicherung von Wind- und Solarenergie.”