Ami-Sportler im Macho-Dress
München - Schön, wenn einem der lange, milde Herbst erlaubt, auch im letzten Jahresdrittel noch einen echten Sportwagen standesgemäß zu bewegen. Mit dem Mustang übers Sudelfeld, das auch noch am Nachmittag unter der Woche: Besser geht’s nicht. Nichts los auf der beliebten Bergstrecke, nur der Mustang und ich. Ein eindrucksvolles Erlebnis.
Seit Mitte des Jahres verkauft Ford den Ur-Sportler der Marke, 1964 erstmals präsentiert, auch offiziell in Deutschland. Mustang, das steht für Freiheit und Abenteuer, für schwarze Gummistreifen auf dem Asphalt, für Fahrwerke, die nur ganze Kerle bändigen können. Und für den typischen Achtzylinder-Sound.
Gut: Bei der jüngsten Inkarnation haben die Ingenieure schon ein bisschen ausgleichend eingegriffen.Eine Menge Elektronik sorgt dafür, dass die Kraft und damit das ganze Auto dort bleiben, wo sie hingehören. Ein kastrierter Hengst ist der Ami-Sportler damit aber noch lange nicht. Bester Beweis: Die ersten paar Kilometer im AZ-Test. Dank feuchter Straße und ein bisschen Laub wird schon zügiges Anfahren zu Erlebnis. Wenn der Gasfuß nur ein bisschen zuckt, legt der Fünfliter-V8 derart ansatzlos los, dass das Heck in muntere Bewegung gerät. Ähnlich fühlt es sich an, wenn beim Einfädeln auf die Autobahn im zweiten Ganz ein Tick zu viel Gas gegeben wird. Wer mag, kann sich auch beim Abliegen die Lenkarbeit mit dem Gasfuß erleichtern – das Heck kommt zuverlässig rum.
Wem das zu viel des Guten ist, der sollte sich einen Taster in der Mittelkonsole gut merken. Er stellt den Mustang teilweise ruhig und ist fürs Fahren auf Nässe und Schnee gedacht. Spannender ist die Einstellung auf den Sportmodus, wenn die Straße trocken und frei ist: Dann atmen die Mustang-Lungen noch freier durch und verpassen den 418 Pferdchen unter der langgezogenen Haube einen zusätzlichen Adrenalischub. Zur Orientierung: Von 0 auf 100 geht es in 4,8 Sekunden, bei 250 km/h ist Schluss. Dass beim Testwagen so ab 220 Sachen die Motorhaube leicht im Fahrtwind flatterte, war allerdings etwas gewöhnungsbedürftig.
Der Mustang ist eine echte Fahrmaschine. Ein in Teilen immer noch recht grober Klotz, der kräftig angepackt werden muss, der aber nach dem ersten Kennenlernen einen ganz speziellen, rauen Charme entfaltet. Und sogar, zumindest für zwei Personen, die auf sehr bequemen Sportsitzen knapp über dem Asphalt unterwegs sind, eine Portion Komfort zu bieten hat. Bei 100 bis 130 Sachen blubbert der V8 beruhigend leise vor sich hin, die Lenkung vermittelt ein gutes Gefühl für die Straße, aus der Soundanlage singt Willie Nelson über den Stress mit den Frauen – so kann man's auch länger aushalten.
Alle anderen Fahrtzustände gehen natürlich auch: Softes Show-Cruisen auf dem Boulevard, ganz knackig, auf der letzten Rille um die Kurve, schnell auf der Autobahn – kein Problem. Auffallend ist der sehr lang übersetzte sechste (Schon-)Gang, der es trotz des dicken Maxe unter der Haube nötig macht, vor dem etwas flotteren Überholen runterzuschalten. Und wo wir schon dabei sind: Ganz im Vertrauen, ein echtes Öko-Auto ist der Mustang auch nicht. 13,5 Liter Super braucht er schon laut Norm, im AZ-Test waren es „nur“ 14,9 Liter, weil keine langen, schnellen Autobahntouren absolviert wurden. Die Energieeffizienzklasse: G.
Die zwei Notsitze im Fond kann man niemand empfehlen, der Kofferraum ist mit 408 Litern ziemlich groß ausgefallen, das liegt am typischen, lang gezogenen Fastback-Po. Die Bedienung des Sportlers gestaltet sich vergleichsweise einfach, Touchscreen und sonstige Modernitäten sind jetzt auch drin. Und das Design? Was soll man sagen: Es ist halt ein Mustang. Der schaut so aus, wie er ausschaut.
Bei den Preisen punktet das Wildpferd aus dem Westen mit Bestwerten: 40 000 Euro für 418 PS in dieser Verpackung und mit guter Serienausstattung wie Klimaanlage, Xenon-Licht, Audio-System Ledersitzen und acht Airbags – das ist ein ehrliches Angebot
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