Zwischen Debüt und Bühne: Der Autor Pierre Jarawan

Der Münchner Schriftsteller und Slam-Poetry-Meister  über seinen Debütroman und sein Flüchtlingsprojekt
Volker Isfort |
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Der Münchner Schriftsteller und Slam-Poetry-Meister  über seinen Debütroman und sein Flüchtlingsprojekt

Sechs Autorinnen und Autoren und ein Übersetzer erhalten in diesem Jahr das Literaturstipendium der Stadt (dotiert mit jeweils 6 000 Euro) bzw. den Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis (3 000 Euro). Die Stipendien sollen es den Autorinnen und Autoren ermöglichen, ihre literarischen Projekte fertigzustellen und ihnen den Zugang zur Buchveröffentlichung erleichtern.

Die Stipendiatinnen und Stipendiaten stellen sich am Mittwoch mit kurzen Lesungen im Literaturhaus vor: Dabei sind Pierre Jarawan, Sophia Klink, Markus Ostermair, Denijen Pauljevic, Richard Barth (Übersetzung), Silke Kleemann (Jugendbuch) und Jan Reinhardt (Leonhard und Ida Wolf Gedächtnispreis). Pierre Jarawan hat auch schon einen Verlag gefunden. Sein geförderter Roman „Am Ende bleiben die Zedern“ erscheint im Frühjahr 2016 im Berlin Verlag und in einer holländischen Übersetzung.

AZ: Herr Jarawan, wovon handelt Ihr Debütroman?

PIERRE JARAWAN: Ein Junge, dessen Eltern aus dem Libanonkrieg in den 80er Jahren nach Deutschland ziehen, wächst hier auf. Als er acht Jahre alt ist, verschwindet sein Vater spurlos. Zwanzig Jahre später bricht er in den Libanon auf, um das Rätsel dieses Verschwindens zu lösen.

Ihr eigenes Leben spielt in diesen Roman mit hinein?

Ich habe zwar Wurzeln im Libanon, aber ich möchte das Buch nicht als Biografie verstanden wissen. Es ist Fiktion. Es war mir einfach wichtig, über den Libanon zu schreiben, weil ich zu dem Land eine enge emotionale Verbindung habe.

Sie selbst sind aber in Jordanien geboren.

Mein Vater ist Libanese, meine Mutter ist Deutsche, ich selber bin auf der Flucht meiner Eltern vor dem Libanonkrieg in Jordanien geboren. Aber ich bin seit 1989 in Deutschland, da war ich erst drei Jahre alt.

Wie wichtig ist für einen jungen Autor so ein Literaturstipendium?

Das Stipendium ist wichtig, es ist ja eine Auszeichnung und die hilft meinem Verlag jetzt auch dabei, Lesungen für mich zu organisieren. Ich habe mich um das Stipendium bemüht und dann sogar noch vor der Zusage der Stadt einen Buchvertrag erhalten. Aber die anderen Stipendiaten haben mir auch bestätigt, dass so ein Stipendium einen enormen Schub gibt, ein geplantes Projekt auch wirklich zum Ende zu bringen.

Sie kommen ja aus einer anderen Literaturszene, dem Poetry Slam.

Wenn ich im nächsten Frühjahr mit dem Buch auf Tour gehe, dann freue ich mich einfach auf Lesungen mit vielleicht 30 oder 40 Zuhörern statt 300 oder 500 wie bei den Slams. Es hat für mich etwas total Befreiendes, einfach mal einen langen Text schreiben und Szenen ausformulieren zu können.

Haben Sie beim Slam viel über Literatur gelernt?

Es kommt auf den eigenen Anspruch an. Ich habe auch an kürzeren Slamtexten oft monatelang gefeilt. Struktur, Aufbau, Sprache muss man schon genau nehmen. Aber klar, da so ein Slam für alle offen ist, findet man auch Leute, die kurz vorher einen Text schreiben und dann raushauen.

Wechseln Sie jetzt das Genre hinein in die „richtige“ Literatur?

Ich habe meine Auftritte bei Poetry Slams in den letzten eineinhalb Jahren schon etwas zurückgefahren. Aber das ist nicht mein Abschied aus der Szene.

Sie haben ja noch ein anderes Projekt vor sich. Sie sollen für Albert Ostermaiers Reihe „Front: Text“ während des Literaturfestivals einen Poetry Slam mit Flüchtlingen abhalten. Wie weit sind Sie mit den Vorbereitungen?

Wir haben jetzt eine Vereinbarung getroffen mit dem Verein „Von Mensch zu Mensch“. Und da starten wir diese Woche mit dem ersten Workshop. Ich habe bislang 22 Interessenten, aber ich gehe mal davon aus, dass sich diese Zahl noch reduzieren wird. Spätestens dann, wenn wirklich alle verstanden haben, dass wir beim Literaturfestival auftreten. Ich will aber auf jeden Fall vermeiden, dass der Eindruck entstehen könnte, sie würden da quasi ausgestellt werden auf der Bühne.

Sollen die Flüchtlinge Ihre Texte auf Deutsch vortragen?

Nein, das wollen wir zwar versuchen, aber das wird nicht in jedem Fall funktionieren. Die kommen aus Äthiopien, Eritrea, Syrien, Afghanistan und anderen Ländern und haben noch geringe Deutschkenntnisse. Wir machen vier Workshops und möglichst eine Generalprobe bis zum Auftritt am 22. November im Kulturzentrum Einstein.

Die Münchner Literaturstipendiaten stellen am Mittwoch, 21. Oktober um 19 Uhr ihre Texte im Münchner  Literaturhaus vor (der Eintritt ist frei)

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