Zwanzigtausend für Isolde

Wagner für alle und Festspiele für Jedermann: Tausende verfolgten die Live-Übertragung der Wagner-Oper „Tristan und Isolde“ auf den Bayreuther Volksfestplatz.
von  Abendzeitung

Wagner für alle und Festspiele für Jedermann: Tausende verfolgten die Live-Übertragung der Wagner-Oper „Tristan und Isolde“ auf den Bayreuther Volksfestplatz.

Mehrere zehntausend Menschen haben am Sonntag die zweite Live-Übertragung einer Wagner-Oper aus dem „Grünen Hügel“ verfolgt. Zeitgleich war Christoph Marthalers Inszenierung der Wagner-Oper „Tristan und Isolde“ auch im Internet zu sehen. Mit Public Viewing und dem Webstream will Festspielleiterin Katharina Wagner die Idee ihres Urgroßvaters von Festspielen für Jedermann umsetzen. „Das ist ein neues Wagner-Erleben, mit den Füßen im Sand und dem Cocktail in der Hand“, beschrieb Bayreuths Oberbürgermeister Michael Hohl (CSU) die sommerlich heitere Stimmung auf dem Bayreuther Volksfestplatz.

Statt im Abendkleid oder Smoking wie im Festspielhaus lauschten Jung und Alt in kurzen Hosen und T-Shirt den Klängen der Solisten und des von Peter Schneider dirigierten Orchesters. Sieben ferngesteuerte Kameras lieferten auf der 90 Quadratmeter großen LED-Wand hautnahe Bilder von den Titelhelden Robert Dean Smith und Iréne Theorin. Nach dem großen Erfolg im vergangenen Jahr mit Katharina Wagners „Meistersinger“-Inszenierung wurde auch das Raumklangerlebnis noch einmal verbessert. 20 im weiten Rund verteilte Lautsprecher mit einer Leistung von 138 000 Watt sorgten für eine ähnlich tolle Akustik wie im eigens für die Werke Wagners konzipierten Festspielhaus.

Dem Sponsor sei Dank

„Oper ist nicht elitär, sondern unterhaltsam“, beschrieb die Initiatorin des Public Viewing, Katharina Wagner, ihre Idee von Festspielen für alle. Der immense technische Aufwand wäre nicht möglich ohne die Unterstützung eines Sponsors wie der Siemens-Kulturstiftung. Die Kosten für die Live-Übertragung und den Webstream sollen sich auf mehr als 200 000 Euro belaufen. Nur ein kleiner Teil davon wurde durch die Gebühr von 14,90 Euro für die Nutzung des Webstream-Angebots gedeckt.

Die meisten der rund 2000 festen Sitzplätze vor der Leinwand waren schon gut eine Stunde vor Beginn der Übertragung besetzt. Die meisten Besucher hatten vorsorglich Klappstühle und Decken mitgebracht oder machten es sich auf dem Sand vor der Strandbar gemütlich. Das Angebot von sechs Bayreuther Gastronomen an kulinarischen Köstlichkeiten reichte von Salsiccia Calabrese bis zu fränkischer Bratwurst, von Cocktails bis Weißbier. Anders als im Festspielhaus konnten die Musikliebhaber auch während der Aufführung Essen und Trinken genießen.

Nicht alle halten durch

Nach dem unerwartet großen Ansturm im vergangenen Jahr hatten die Veranstalter die Platzkapazität auf 20 000 Besucher erhöht. Im Gegensatz zu den lebhaften „Meistersingern von Nürnberg“ ist das Liebesdrama „Tristan und Isolde“ ein eher statisches und musikalisch getrageneres Stück. Wie im Vorjahr hielten viele Besucher angesichts der schweißtreibenden Temperaturen deshalb auch nicht die volle Übertragungszeit von sechs Stunden und zehn Minuten durch.

Public Viewing und Webstream sollen wie die Kinderoper zu einer Dauereinrichtung in Bayreuth werden. Im kommenden Jahr ist die Live-Übertragung der Oper „Die Walküre“ aus Wagners „Ring des Nibelungen“ geplant. 2011 und 2012 stehen „Lohengrin“ und „Tannhäuser“ auf dem Programm. Zum 200. Geburtstag von Richard Wagner im Jahr 2013 soll die komplette Neuinszenierung des „Ring des Nibelungen“ folgen.

Manfred Präcklein

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