Zurück aus dem Tiefschlaf
Die Schack-Galerie ist wieder da mit satten Farben und großen Zukunftsplänen. „Wir waren sehr mutig bei den Farben“, so der im nächsten Frühjahr aus dem Amt scheidende Generaldirektor Reinhold Baumstark, „und es sieht toll aus“.
Die Schack-Galerie umwehte seit langem der muffige Hauch eines tiefen Dornröschenschlafs. Die einzigartige Sammlung des mecklenburgischen Grafen, die wie kaum eine andere ein komplettes Bild der deutschen Spätromantik des 19. Jahrhunderts vermittelt, verkümmerte in ihrer Nische. Auch die Besucherzahlen sanken ins Bodenlose: Wer die Malerei jener Zeit in München suchte, ging gleich in die Neue Pinakothek, wer in der Gegend zwischen Lehel und Bogenhausen spontan Lust auf Kultur bekam, enterte das benachbarte Nationalmuseum.
Nun erinnern sich die Staatsgemäldesammlungen ihres Stiefkindes und erwecken es mit einem Kraftakt zum Leben: Nach acht Monaten Renovierungszeit ist die Sammlung wieder zugänglich. Und wenn auch nur der erste Schritt gemacht ist – die Umgestaltung des Erdgeschosses – ist der zugängliche Teil der Sammlung aus derzeit rund 120 Bildern von Klenze, Böcklin, Feuerbach, Spitzweg oder Bamberger eine Entdeckung wert.
Bunt gegen den Wilhelminismus
„Wir waren sehr mutig bei den Farben“, sagt der im nächsten Frühjahr aus dem Amt scheidende Generaldirektor Reinhold Baumstark, „und es sieht toll aus“. So sehr blutrot und violettblau leuchten nun die Wände, dass es für manchen Besucher ein Schock werden dürfte. „Wir haben versucht, mit den Farben den Charakter des späten 19. Jahrhunderts zu unterstreichen“, so Baumstark. Ein riskantes, aber erfolgreiches Experiment; die Bilder blühen regelrecht auf in der neuen Umgebung. Dazu kommt ein Text-Konzept: Zeitgenössische Literatur und Poesie an den Wänden lassen begreifen, was damals die Herzen und Hirne bewegte. So empfängt die Besucher zum Beispiel Johann Wolfgang von Goethe Italien-Schwärmerei: „Kennst du das Land? Wo die Citronen blühn...“ Das soll, wie Konservator Herbert Rott erklärte, „nicht bildungsbürgerlich daherkommen, sondern eine Anregung sein“.
Wer aber den Kontrast zur alten Tristesse erfahren will, geht die Treppe hinauf ins Obergeschoss, wo Lenbachs Hirtenknabe ebenso im alten, blässlichen Graublau versinkt wie die einzigartige Feuerbach-Sammlung.
Ein Geschenk des Kaisers
Erstaunlicherweise scheint die Schack-Galerie mit dem neuen Konzept sogar ihr vielleicht größtes Problem zu lindern: den piefigen, pickelhaubigen Geist der Kaiserzeit ihres Gründers zwischen Antikenseligkeit und Deutschtümelei, der die Meisterwerke bis heute kontaminiert. Graf Schack hatte seine Sammlung im nationalen Überschwang dem preußischen Staat vermacht, Kaiser WilhelmII. war dann so freundlich, sie trotzdem in München zu lassen.
Erfreulich ist, dass die Leitung des Hauses den neuen Weg weitergehen will: Bis zur 100-Jahr-Feier des Gebäudes an der Prinzregentenstraße im September 2009 soll der Saal auf der Südseite Schacks Kopiensammlung neu präsentieren – eine Art Welt-Hitparade der Malerei aus damaliger Sicht. Die dafür nötigen 400000 Euro kommen von privaten Mäzenen. Dann hofft man, dass der Freistaat es als seine Pflicht begreift, die restliche Neugestaltung zu bezahlen. Dass der neue Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) als erste Amtshandlung zur Wiedereröffnungsfeier kam, ist schon mal ein gutes Zeichen.
Michael Grill
Ab Mittwoch, Prinzregentenstraße 9, täglich 10 – 18 Uhr
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