Zu versüßelt: "Picture Perfect" von Soil
Soil - die Hardrocker aus Chicago bringen ihr neues Album raus. "Picture Perfect" heißt die Platte. Ein Schritt raus aus der Belanglosigkeit der letzten Scheibe. Weniger Radiotauglichkeit, dafür mehr Mut zum harten Klang, hätte nicht geschadet.
Vorab mal kurz den Rewind-Button drücken, damit die Memory-Taste auf „Soil“ springt. Das waren die Post-Grunge-Hardrocker aus Chicago, die mit dem Scheiben „Scars“ (insbesondere der Hit-Single „Halo“) und „Redefine“ dabei waren, das musikalische Vakuum, das nach dem Ableben des Grunge in Form von Nirvana-Frontmann Kurt Cobain entstanden war, mit Leben und Musik zu erfüllen.
Soil, das war harter Rock auf höchstem Testosteron-Level und in Ryan McCombs ein Sänger, der mit seiner charismatisch-organischen Stimme, den Drahtseil-Akt zwischen Gesang und Geschrei grandios beherrschte. Doch McCombs verließ 2004 die Band und veredelt nun mit seinen Stimmbändern den Sound der Band „Drowning Pool“, die nun wie alte „Soil“ klingen. Und „Soil“ selber?
Die holten sich mit AJ Cavalier einen neuen Sänger an Bord und veröffentlichten mit „True Self“ eine Platte, die im See der Belanglosigkeit unterging. Eine Schiffbruch in Form einer musikalischen Identitätssuche zwischen Post-Grunge und Nu-Metal, die aber weder das eine noch das andere war – und leider vor allem eins: unglaublich flach.
Jetzt melden sich „Soil“ mit „Picture Perfect“ wieder zurück. Und die Band, die nur noch als Quartett daher kommt, hat sich offensichtlich selber eine Wurzelbehandlung auferlegt. Back to the roots – zurück zu den Wurzeln, so der Versuch. Der gelingt leidlich. Mit „Tear It Down“ legt man erfreulich los, Cavalier überzeugt mit seinem etwas aggressiveren Organ, wenn er auch nicht die hypnotische Intensität seines Vorgängers-Vorsängers erreicht. „Lesser Man“ ballert auch nett daher, leidet aber – wie vieles auf dieser Scheibe – darunter, dass man anscheinend unbedingt ins Radio will.
Immer wieder werden Songs penetrant versüßelt, um auch das Ohr der Hausfrau-Radiohörerin zu umschmeicheln. Das geht teilweise gut, teilweise voll daneben („Too Far Away“, „Picture Perfect“). Mit „Temptation“ und „Like It Is“ hat man noch zwei wirkliche amtliche „Soil“-Kracher parat. Doch der Gesamteindruck bleibt durchwachsen, wobei die Gitarrenarbeit sehr filigran und geschmeidig daher kommt. Der Weg zurück, er ist auch für „Soil“ ein steiniger, mühsamer, harter Gang. Die ersten Schritte aus der Beliebigkeit sind mit „Picture Perfect“ getan, aber es müssen noch viele weitere folgen, um dem Genre wieder mehr zu geben, als nur gefällige Songs, um etwa auf einem Level mit „Shinedown“, „Disturbed“ oder auch „Drowning Pool“ anzugelangen.
Matthias Kerber
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