Zu schön für den Papst
Das derzeit romantischste Leinwandpaar: Jude Law und Norah Jones über den härtesten Filmkuss, Musik und Blaubeerkuchen
Er strahlt, sie lächelt. Womanizer Jude Law und die erfolgreiche Sängerin Norah Jones kommen in Wong Kar-Wais versponnenem Road-Movie „My Blueberry Nights“ zusammen: Die romantische Love-Story beginnt in einem Café auf Coney Island. Dort tröstet der britische Barkeeper Jeremy die unter Liebeskummer leidende Elizabeth mit sanften Worten und süßen Blaubeerkuchen, gemeinsam philosophieren sie über das Leben und merken nicht, wie die Liebe ausbricht, fast nebenbei. Bis zum Happy End macht Elizabeth erst einmal einen großen Umweg.
Dass in dieser Geschichte die Frau weggeht und der Mann auf sie wartet und nicht wie üblich umgekehrt, findet Norah Jones richtig, „so sollte es immer sein“. Jude Law sekundiert: „Rollentausch ist was Feines, diese Klischees von braven Mädchen und wilden Männern stimmen schon lange nicht mehr. Mich reizte viel mehr die Reise, die man im Kopf macht, dieses Spiel mit Liebe und Gefühlen, Nähe und Entfernung. Beide laufen vor sich selbst weg, als Jeremy bin ich zwar äußerlich ein Ruhepol, innerlich aber ziemlich zerrissen.“
Der zum „Sexiest Man Alive“ gekürte 35-Jährige hat die Rolle des Sex-Symbols so satt wie das Gerede über seine zahlreichen Affären, nimmt sich zurück und lässt seine Filmpartnerin reden, die ein fulminantes Leinwanddebüt liefert. „Als Newcomerin hatte ich erst ziemliche Angst. Wong Kar-Wai ist eine Regie-Ikone und Jude schon lange im Geschäft. Aber der Knoten platzte schnell“, erinnert sich die Tochter von Sitar-Spieler Ravi Shankar, die mit ihrer Band The Little Willies Erfolge feiert und mit dem Album „Not Too Late“ weltweit die Charts eroberte.
Gibt es Ähnlichkeiten mit der unsteten Elizabeth? „Wer so wie ich in der Welt umher-zieht, muss aufpassen, die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Ich versuche immer, Zeit fürs Privatleben und wahre Freunde zu finden. Mein Boyfriend ist auch in der Band, also bin ich nicht allein“, meint der Pop-Star, der sich vorstellen könnte, neben der Musik auch weiterhin im Film mitzumischen. <</p>
Kuss mit Kopfstand
Die Dreharbeiten waren verrückt, wie ein Traum. „Wir haben die New Yorker Szenen meistens nachts gedreht und den ganzen Tag geschlafen, nachmittags gefrühstückt, und dann bis morgens um sechs wieder vor der Kamera gestanden.“
In einem rührenden Moment küsst Law das am Tresen eingenickte Häufchen Elend behutsam, Krümel und Sahnerand um den Mund der Schlafenden sind danach verschwunden. Das wirkt romantisch und erotisch. „War es aber nicht“, juxt Jude Law. „Im Gegenteil, wir haben einen ganzen Tag gebraucht, bis die Szene im Kasten war. Während Norahs Kopf auf einem Kissen ruhte, damit sie sich den Hals nicht verrenkte, musste ich fast einen halben Kopfstand für den richtigen Kamerawinkel machen:. Der härteste Kuss meines Lebens.“
Während des Interviews beim Festival in Cannes spielt sich das Duo die Bälle nur so zu. „Du hast mir wahnsinnig viel geholfen“, lobt sie. „Du warst unheimlich gut, ich musste dir keinen Rat geben“, antwortet er galant. Man sieht ihm die Erleichterung an, mal keinen Erotomanen wie in „Alfie“ mimen zu müssen. Das Image des makellosen Schönlings nervt ihn, deshalb freut er sich noch im nachhinein, auch über „ein bisschen Hässlichkeit“ in Keneth Branags Film „1 Mord für 2“, der gerade im Kino war.
Der gebürtige Londoner mit britischem Understatement verlässt sich nicht aufs Aussehen, braucht Herausforderungen als Film- und Theaterproduzent und als Schauspieler. Was andere über ihn denken und schreiben, lässt den Vater dreier Kinder inzwischen kalt. „Meine Karriere hängt nicht von der Boulevardpresse ab“, meint er lässig. Über das Gerücht, er würde demnächst den polnischen Papst Johannes Paul II. spielen, kugelt sich Jude Law vor Lachen, „dazu sehe ich vielleicht doch einen Tick zu gut aus“.
Jude Law liebt exzentrische, hintergründige Charaktere wie den Dandy in „Wilde“, den Liebesroboter in „A.I. – Künstliche Intelligenz“, den schweigsamen Soldaten in „Unterwegs nach Cold Mountain“ oder den dekadenten Millionärssohn in „Der talentierte Mr. Ripley“. Gerne würde er mal in einem Musical auftreten oder wieder ans Theater zurückkehren. „Möglichst in Shakespeare-Rollen, ich werde ja schließlich nicht jünger“, sagt er mit kokett-jungenhaftem Augenzwinkern. Und ist plötzlich wieder ganz der verführerische Charmeur im XL-Format. Margret Köhler
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