Wunderbar wandelbar: Madonna kommt nach München

In den 80ern gab sie das Sex-Symbol, in den 90ern die Esoterik-Fee. Heute gefällt sich Madonna in der Rolle der Jung-Gebliebenen. Damit hat sie seit drei Jahrzehnten Riesen-Erfolg.
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MÜNCHEN - In den 80ern gab sie das Sex-Symbol, in den 90ern die Esoterik-Fee. Heute gefällt sich Madonna in der Rolle der Jung-Gebliebenen. Damit hat sie seit drei Jahrzehnten Riesen-Erfolg.

Die Zahlen machen sie unschlagbar: Madonna brachte 55 Singles auf den Markt – so viele wie noch keine Künstlerin vor ihr. Diese 55 Singles verkauften sich 115 Millionen mal, ihre 11 Alben 200 Millionen mal. Sie landete mehr Top 10 Hits als Elvis, der King of Rock ’n Roll. Sie spielte in 22 Filmen mit und machte den Soundtrack zu 126 Filmen und TV-Serien.

Wer ist diese Frau, die heute im Rahmen ihrer „Sticky and Sweet Tour“ nach München kommt? Madonnas Markenzeichen ist, dass sie keines hat. Außer diesem: Sie erfindet sich immer wieder neu. Sie erneuert beständig ihr Gesicht, ihr Outfit, ihre Musik, ihr öffentliches Auftreten. Damit wird es nie langweilig.

Sogar Nacktfotos rücken sie nicht in die Schmuddel-Ecke

Erstaunlicherweise wirkt sie trotz allen Anbiederns nicht billig. Der Bildband von 1992 mit Nacktfotos lässt sie nicht auf ein Pamela–Anderson–Niveau sinken. Im Gegenteil, die Madonna-Falle hat damit zugeschnappt und alle haben angebissen. Nicht Madonnas Körper wird von den Medien benützt, sondern sie berechnet distanziert ihren eigenen Nutzen von den Medien: „Die Journalisten können über mich schreiben, was sie wollen. Hauptsache, es ist nicht die Wahrheit“, sagte sie einmal.

In den 90ern arbeitete Madonna hart an ihrem Image als Sexsymbol. Während ihrer „Blond Ambition World Tour“ sorgte sie für einen Performanceskandal nach dem anderen, von sexbetonten Kostümen bis zu obszönen Gesten. Dieses aufreizende Auftreten kombinierte sie ausgerechnet mit religiösen Elementen wie dem Tragen von Kreuzen und mit Musiktiteln wie „Like a Prayer“. Der Vatikan rief zum Boykott auf. Dass Madonna 1993 auch noch nackt im Kino zu sehen war, nämlich in „Body of Evidence“, war wohl selbst dem eingefleischten Publikum zuviel. Madonnas Rolle war nur eine Goldene Himbeere wert.

Wenn ein dreistes Sex-Konzept nicht mehr zieht, bedient Madonna eben ein anderes. Mitte der 90er schlug sie mit einigen Balladen sanftere Töne an, und spielte die volksnahe Evita in Alan Parkers gleichnamigem Film. 1997 gebar sie ihre Tochter Lourdes, und damit war Madonna eine private, sentimentale Seite gegeben. Mit Titeln wie „Frozen“ begab sich Madonna wieder in ein religiös-esoterisches Gebiet, dieses Mal aber keusch-meditierend. Den dementsprechenden Look lieferte sie mit der schwarzen Ethnofrisur gleich mit. Zwölf Jahre später zeigt sie sich dem jüdischen Mystizismus und der Kabbala gewogen. Dabei wurde ihr klar, „dass Reichtum und Ruhm allein keine dauerhafte Erfüllung bringen würden“.

Auch ihre Ex-Männer sicherten ihr Platz in der Öffentlichkeit

Auch privat hat sich Madonna mit medienwirksamen Schachzügen einen festen Platz in der Öffentlichkeit gesichert. Man braucht nur Sean Penn und Guy Richie als ihre Ex-Ehemänner zu nennen. Dazu kommt die Adoption zweier Kinder aus Malawi. Im Gespräch mit US-Moderatorin Oprah Winfrey meinte sie: „Ich flehe alle Welt an, nach Afrika zu gehen und zu erleben, was ich gesehen habe.“ Nicht, dass man ihr ein echtes Familienglück absprechen möchte. An der Medienwirksamkeit ändert es aber nichts.

„Hard Candy“, der Titel ihres neuesten Albums, ist ein amerikanischer Ausdruck für Kinderpornographie. Nichtsdestotrotz landete das Album schnurstracks auf Platz 1 der Charts, die Single „4 Minutes“ wurde der 13. Song Madonnas, der ein „Number One Hit“ wurde. Der Song entstand in Zusammenarbeit mit Justin Timberlake und Pharrell Williams, dem Produzenten, der zurzeit ein Monopol auf Hip Hop Produktionen hat.

Jetzt gibt Madonna also die Junggebliebene. Sie macht Musik mit Timberlake und Williams, sie hatte eine Affäre mit dem 28 Jahre jüngeren Model Jesus Luz und küsst Britney Spears. All das sind Persönlichkeiten der Generation, die Madonna eigentlich beerben müsste. Will sie das verhindern, muss sie genauso jung bleiben wie die Leute, mit denen sie zusammenarbeitet. Dazu passt, dass die 51-Jährige sich einem fanatischen Fitnessprogramm unterwirft und so den Körper einer 30-Jährigen präsentiert.

Irgendwann wird sie das krampfhafte Jungsein leid sein. Sicher ist: Danach wird sie sich wieder neu erfinden.

Sarah Hilgendorff

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