Würdig nachgefeiert
Kurz vor der Uraufführung von Peter Eötvös "Tragödie des Teufels" im Nationaltheater mit der Tschechow-Oper „Tri Sestri“ des Komponisten.
Eigentlich sollten stets die von den Komponisten selbst bevorzugten Werkfassungen realisiert werden. Das gilt besonders für Peter Eötvös’ Oper „Tri Sestri“ nach Tschechows „Drei Schwestern“. Die 1998 in Lyon von Kent Nagano uraufgeführte Originalversion schreibt für die weiblichen Hauptrollen vier Countertenöre vor, die Alternativfassung lässt notfalls Soprane zu.
Leider haben die Bayerische Theaterakademie und das Münchner Rundfunkorchester für ihre Inszenierung im Prinzregententheater unter Ulf Schirmer auf diese Fassung zurückgegriffen. Zwar wurde sie von Eötvös autorisiert, doch der anwesende Komponist bevorzugt das Original, denn: Die klangliche Dramaturgie lebt wesentlich vom ausgeprägten Eigencharakter der vier Counterstimmen. In ihnen bricht sich die bizarre Sinnlosigkeit der hier dargestellten Existenzen.
Dass die Premiere dennoch kein schlechter Kompromiss wurde, lag an den staunenswerten Leistungen der Musikhochschul-Studenten. Ob Elvira Hasanagic als Irina, Anna Lapkovskaja als Mascha, Eun-Kyong Lim als Olga oder Ines Krapp als Natascha: Die Vielfalt der stimmlichen Mittel, die auch fernöstliche Lautakrobatik vorsieht, wurde mit Bravour verlebendigt.
Ansonstens: Alles bestens!
Nicht minder glänzten Benjamin Appl (Tusenbach), Franz Schlecht (Verschinin), andreas Burkhart (Andrej), Rouwen Huther (Doktor), Daniel Eggert (Soljony) und Rainer Siegenthaler (Anfisa). Sie alle profitierten von Rosamund Gilmores Regie, die Eötvös’ Oper als reduziertes Kammerspiel verstand. Dabei schenkte Gilmore, die 2008 am Gärtnerplatz „Die Schöne und das Biest“ von Phillip Glass inszenierte, der Musik und den Darstellern viel Raum.
Ihre Regie verriet profundes musikalisches Wissen, wie man dies nur selten erlebt. Doch war es nicht zuletzt Schirmer, der den Sänger-Nachwuchs sicher durch die tückische Partitur führte. Mit dem Co-Dirigenten Joachim Tschiedel entfachte er zudem einen fesselnden Farbenrausch, der die Stilvielfalt mit zwingender Klangtransparenz erfasste. So wurde diese Premiere zu einer Sternstunde zeitgenössischen Musiktheaters und zugleich eine würdige Nachfeier zu Anton Tschechows 150. Geburtstag.
Marco Frei
Wieder am 17., 19. und 21. 2., 19.30 Uhr, Tel. 2185-2899