Wotan will nicht zünden
„Götterdämmerung“ in Bayreuth: Dirigent Thielemann rettet Dorsts matten „Ring“.
Zum Schluss brennen die alten Götter, nur Wotan will nicht zünden. Ausgerechnet. Wo der Chefgott doch schon seit der „Walküre" aufs Ende wartet. Pech gehabt, jetzt muss er sich in Tankred Dorsts „Ring“-Inszenierung der Pleiten und Pannen auch noch ansehen, wie ein busselndes Radler-Pärchen mit Tee aus der Thermoskanne auf den großen Weltenbrand anstößt. Hart ist das für einen Boss wie Wotan. Und dass sich unsere Hardcore-Wagnerianerin Bundeskanzlerin Angela Merkel just die „Götterdämmerung" verkniff, vermutlich auch kein Zufall.
Dabei hätte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel einfach nur die Augen zuhalten müssen. So wie der Bub, der damit neuerdings nach den peinsamen Ausflüglern blankes Entsetzen markiert – da hat die Werkstatt Bayreuth doch noch zugeschlagen. Und die Zündschnur gut gewässert. Dass der freundliche Trost-Applaus für die Regie von satten Buhsalven überlagert wurde, scheint nur noch Dorst und Co. zu überraschen. Aber da ist dann auch beim Publikum Contenance gefragt, denn erst 2013 gibt's einen neuen „Ring".
Bis dahin wird man sich auf Dirigent Christian Thielemann und seine Untergrund-Truppe konzentrieren müssen. Nach dem formidablen „Siegfried" fiel das nicht mehr ganz so leicht. Der Kapellmeister setzte auf „Götterdämmerungs"-Schmackes und übersprang dabei leider ein paar Finessen.
Egal, das Gesamtpaket war exquisit und die Waltrauten-Szene eine Sensation. Mit Christa Mayer ist allerdings auch eine fabelhafte Gestalterin im Walküren-Einsatz. Schon mit ihren beiden Erdas hat sie gezeigt, dass man problemlos zwischen samtigen Tiefen und satten Höhen pendeln kann.
Überhaupt waren es die kleineren Rollen, die an diesem letzten „Ring"-Abend überzeugten. Edith Haller etwa, die mit ihrem wunderbar klaren, tragkräftigen Honig-Sopran ausgerechnet der Gutrune Klasse verlieh. Das Hauptpersonal brannte eher auf Sparflamme. Stephen Gould hatte kaum Lust auf Siegfrieds Spitzentöne, und Brünnhilde Linda Watson konzentrierte sich aufs Durchkommen. Da hatte der phonmächtige Hagen des Hans-Peter König leichtes Spiel. Und bei den Bayreuther Chören brennt sowieso immer die Zündschnur. Lichterloh! Christa Sigg