Woodys Traum vom Glück

Wer hätte das gedacht? 25 Jahre nach „Hannah und ihre Schwestern” gelingt Woody Allen mit „Midnight in Paris”, einem nostalgischen Trip in die Stadt der Liebe, sein größter Filmerfolg
Adrian Prechtel |
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Kennen Sie „Pari shôkôgun”, das Paris-Syndrom? Oft sollen Japaner, wenn sie endlich in dieser von Schönheits- und Liebes-Klischees überladenen Sehnsuchtsstadt sind, Depressionen oder Nervenzusammenbrüche bekommen. Denn Paris ist auch hart, hässlich, arrogant und rücksichtslos – eben wie viele Metropolen.

Da Woody Allen bei allem Dauerpessimismus aber Romantiker ist, zeigt er uns Paris als makellose Postkarten-Schönheit, wie er es letztens auch mit Barcelona und früher immer mit seinem Manhattan getan hat.

So wie die US-Kultur-Aristokratie um 1930 der Prüderie und Prohibition nach Frankreich entfloh, so ist jetzt Owen Wilson als Drehbuchautor Gil in Paris. Leider nur für wenige Tage. Und leider sind auf seinem Hochzeits-Vorbereitungstrip auch Gils reiche, konservative Tea-Party-Schwiegereltern dabei. Die haben mit ihrer Tochter (Rachel McAdams) nur Shoppen und edel Essengehen im Sinn. Aber Gil will Paris als Idee wirklich (er)leben. Er macht sich also so gut es geht frei, durchstreift die nächtliche Stadt und: Um Mitternacht fährt plötzlich ein Oldtimer vor. Wilson steigt ein und landet in seiner Lieblings-Epoche: auf einer 20er-Jahre-Party, bei der alle seine Helden auftauchen wie Hemingway, Scott Fitzgerald, Picasso, Dalí und Cole Porter, der das am Piano vorträgt, was Gil gleich hemmungslos ausprobiert: „Let’s Do It, Let’s Fall In Love” .

Ob es aus diesem Traum ein Erwachen gibt? Ja, weil Woody Allen natürlich nicht an Geistergeschichten glaubt. Aber kein böses, weil Woody seinem Helden letztlich den Traum gönnt, aber eben im Hier und Jetzt. Dass dieses Glücklichwerden nicht in einer neureichen US-Ehe liegen kann, sondern nur in einem Pariser Neuanfang, ist die Liebeserklärung Allens an Europa, wo er seine Filme seit Jahren dreht und die meisten Verehrer hat. Kein Wunder, denn uns wird extrem geschmeichelt: Während die Amerikaner neureich und oberflächlich sind, bleiben wir Beispiele der Liberalität, des Genusses und der Kultiviertheit. Das sieht man gerne, gerade auch, wenn es so witzig und romantisch ins Bild gesetzt ist, wie bei Woody Allen.

Kino: Arri, Atlantis (OmU), Cinema (OV), CinemaxX, City, Mathäser, Rio, Sendlinger Tor, Kino Solln B&R: Woody Allen (USA, 94 Min.)

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