Wolfgang Krebs: Seehofer-Darsteller tritt aus der CSU aus
Der 54-jährige Kabarettist Wolfgang Krebs aus Seefeld hat als Journalist und als Vermarkter von TV-Werbung Karriere gemacht. Bühnenerfahrung konnte er bereits in seiner Kindheit sammeln
Man kennt ihn aus der Schlussnummer von "quer", dieser Mixtur aus Kritik und Satire im Bayerischen Fernsehen. Den jeweiligen Ministerpräsidenten spielt er da und seine "Widersacher". Mit der entsprechenden Maskerade schafft Krebs auch die Kanzlerin.
AZ: Herr Krebs, wie vielen Kabarettkollegen setzt Ihnen Corona zu. Erschwerend kommt hinzu, dass einer Ihrer Protagonisten womöglich im kommenden Jahr das Weite sucht. Haben Sie einen Plan B für den Fall der Fälle?
WOLFGANG KREBS: Ob der Söder nach Berlin geht? Man weiß es nicht. Die CDU bringt ja keinen vernünftigen Kandidaten daher. In den Umfragen lese ich nie was anderes als Markus Söder, mit großem Abstand gefolgt von Merz, Laschet und Röttgen. Dass sich der Laschet noch als Kandidat fühlt, ist absolut nicht nachvollziehbar. Demokratie bedeutet, Mehrheiten hinter sich versammeln, und Mehrheiten hat: Markus Söder.
Wie wäre das für Sie?
Gut. Ich bin dann Bundeskanzler. Ich werde ja jetzt immer mit "Grüß Gott, Herr Ministerpräsident" angesprochen, in Zukunft dann mit "Grüß Gott, Herr Bundeskanzler". Ich könnte mir das gut vorstellen. Meinen Segen hat Markus Söder. Ich wüsste nicht, wer das sonst machen sollte. Aber wir haben bei der Europawahl gesehen, als alle glaubten, Manfred Weber würde das Rennen machen - und dann wird es ausgerechnet diejenige, die bis jetzt durch absolute Inkompetenz und Fehlverhalten auffiel. Auch Stoiber war schon mal beinahe Kanzler.
Kabarett jenseits des Weißwurstäquators?
Für Sie würden sich mit einem Kanzler Söder neue Märkte auftun - jenseits des Weißwurstäquators.
Das wär doch mal was! Durch meine täglichen Radiokolumnen bei Bayern 1 und sonstige Aktivitäten habe ich mich in den letzten zwölf Jahren meiner Selbstständigkeit eher auf Bayern kapriziert und bin nur ganz selten mal außerhalb des Freistaats aufgetreten. In Bayern habe ich schon einen gewissen Markennamen.
Haben Sie seit Corona zuweilen auftreten können?
Ich will nicht jammern, es gibt ganz anderer Schicksale. Aber die schlimme Zeit könnte jetzt erst auf uns zukommen. In Bayern sind wir so ein bisschen auf einer Insel. Wenn Sie sich heute Österreich anschauen: Statt 10.000 dürfen draußen nur noch 5.000 Leute sein - unvorstellbar bei uns Bayern. Wir haben die härtesten Regeln weltweit. Wobei: Das ändert sich ja jeden Tag. Wichtig ist: Alle Veranstaltungen, die jetzt durchgeführt werden, erfüllen die nötigen Hygiene-Standards. Man kann da getrost hingehen! Till Hofmann hat mir kürzlich gesagt, dass nur noch ein Drittel der Leute kommt - obwohl es Open Air ist. Es herrscht einfach eine große Angst. Ich habe da auch großen Respekt davor.
In welche Ihrer Rollen schlüpfen Sie eigentlich am liebsten?
Mein neuer Lieblingspolitiker ist der Hubert Aiwanger. Ich freue mich, dass er das so locker nimmt und auch darüber lachen kann. Die Leute lächerlich zu machen, ist ja nicht mein Stil. Ich will unterhalten.
Sollte Söder doch nach Berlin gehen, müssten Sie sich einen neuen Ministerpräsidenten draufschaffen. Nur wen?
Ich habe neulich mit Professor Ursula Münch von der Evangelischen Akademie in Tutzing gesprochen. Diese Frau kann argumentieren, ohne eine Schleife zu drehen, immer geradeaus: bewundernswert. Sie meinte: "Sie müssen das vom Ende her denken. Die CSU braucht in Bayern immer einen brüllenden Löwen, der rumschreit. Diese Funktion erfüllt Söder zur Zufriedenheit aller CSUler aus - und das ist für die CSU wichtiger als ein Bundeskanzler, der sich in Berlin permanent irgendwelchen Anschüssen ausgesetzt sieht." Deswegen könnte Söder nicht nach Berlin gehen. Wobei zwei Herzen in seiner Brust schlagen. Ich glaube, dass er immer noch den Ehrgeiz hat, seinem verstorbenen Vater etwas beweisen zu wollen.
Welchen Nachfolger für Söder wünscht sich Wolfgang Krebs?
Wen aus der CSU würden Sie sich als nächsten Ministerpräsidenten wünschen?
Ich würde mir fast Edmund Stoiber zurückwünschen.
Der wäre sicher dabei! Da machen wir jetzt aber ein schönes Fass auf, Herr Krebs.
In dieser schwierigen Zeit brauchen wir jemanden, der sparen kann. Dieser ganze Lockdown war ja eine Geldvernichtungsaktion, ein unglaublicher Schaden. Ich glaube, dass viele Dinge, gerade im öffentlichen Bereich, die heute noch selbstverständlich sind, in Zukunft nicht mehr so sein werden. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sehe ich skeptisch.
Vor ein paar Jahren hatten Sie kurzzeitig selbst politische Ambitionen. Ist eine Parteikarriere künftig wieder eine Möglichkeit für Sie?
Sagen wir mal so: Ich könnte das gar nicht ausschließen, weil ich merke, dass mich die Politik einfach sehr interessiert. Ich muss ja irgendeinen Plan B entwickeln, sollten Veranstaltungen auf sehr lange Zeit nicht mehr möglich sein, auch weil Veranstalter in die Knie gehen.
Ein politisches Amt wäre also eine Option?
Ich bin ehrgeizig und habe noch ein paar Sachen vor in meinem Leben. Wenn im kommenden Jahr keine großen Gewinne zu erwirtschaften sein sollten, wenn keiner mehr ins Kabarett kommen würde, dann würde ich es mit Parteiveranstaltungen versuchen. Für welche Partei, weiß ich noch nicht.
Sie sind doch seit Ewigkeiten in der CSU!
Das war mal der Fall. Aber ich fühle mich momentan der CSU nicht so zugehörig. Das ist schon schwierig, was da momentan alles gemacht wird. Vielleicht rufen ja mal die Freien Wähler an. Doch das ist jetzt alles sehr hypothetisch. Aber der Bayerische Landtag wäre schon interessant. Aber wo gibt's da jetzt freie Jobs? Keine Ahnung. Aber das ist jetzt mehr so ein Spaß-Gedanke.
Sie sind also kein CSU-Mitglied mehr, warum?
Das passt ja gar nicht mehr zum Job. Ich werde ab und zu schon mal zu Parteiveranstaltungen gebucht, bei der CSU, aber auch bei den Freien Wählern und der SPD. Wenn man Politiker werden wollte: Ob das in meinem Alter noch klappt, ist das eine andere Frage. Es ist nicht ausgeschlossen, dass man sich irgendwann einen Plan B überlegen muss, aber es ist nicht unmittelbar vorgesehen. Da müsste man andere Vorsorgen treffen. Im ersten Jahr meiner Selbständigkeit gab es mal eine unsichere Phase, weil der Günter Beckstein sofort wieder weg und es nicht klar war, ob Seehofer überhaupt zu einer Figur wird - aus heutiger Sicht schon lustig.