"Schifoan": Austro-Pop-Ikone Wolfgang Ambros auf dem Tollwood

Wenn ein alter Hase wie ein junger Megastar gefeiert wird, muss in der Karriere etwas Spezielles passiert sein. Wolfgang Ambros lockte mit feinstem Austropop und Wiener Schmäh seine Fans in die voll bestuhlte Musik-Arena auf dem Tollwood. Sie sind mit ihm gealtert und haben ihn durch ein Leben begleitet, das seine Spuren am 72-Jährigen hinterlassen hat.
Er schlich ein paar Momente nach seiner tollen Band "Die No. 1 vom Wienerwald" mit zwei Skistöcken auf die Bühne. Diese waren nicht als Anspielung auf seinen größten Hit, der im österreichischen Tiefschnee spielt, gedacht. Sie waren wegen seines langjährigen Rückenleidens notwendig. Unter tosendem Jubel schaffte es der Wolferl bis zu seinem Barhocker, der ihn sprichwörtlich durch den Abend trug.
Heldenverehrung auf dem Hosenboden
"Es freut mich, dass wir uns nach so langer Zeit hier im besonderen Ambiente wichtig machen können, aber jetzt setzt euch mal alle hin", rief er grinsend verschmitzt in die Menge. Heldenverehrung auf dem Hosenboden war angesagt. Denn obwohl der Rücken des Austropop-Begründers Probleme verursachte, wirkte Ambros an diesem Abend fit. Da gab es qualitativ schon ganz andere Auftritte an gleicher Stelle.

Seine Art, dies zu unterstreichen, lag gleich im ersten Song-Titel: "Verwahrlost aber frei". Mit viel Humor moderierte sich der Lebemann und Liedermacher locker durch seine Setliste. "Ja, was spielen wir denn jetzt mal?", fragte er und kratzte sich nachdenklich am Kinn.
"Herumlieg'n in der Sunn"
Schnell kamen die Rufe nach "Schifoan", doch der Star wiegelte gut gelaunt ab. "Wenn ich das spiele, ist es vorbei hier". Bis zum letzten Schnee-Song gab es dann eine wilde Fahrt durch 50 Jahre Karriere. "Hoit do is a Spoit" zum Mitklatschen. "Du verstehst mi ned" mit Mundharmonika-Solo von Ambros und "Von Liebe ka Spur" als lautstarke Verabschiedung in die Pause, die sich der alternde Künstler nahm.
Neben seinen Songs erzählte er auch die ein oder andere anzügliche Geschichte, die er wie bei "Bettina" direkt in die Musik verpackte. Oder Coverversionen wie "Sunny Afternoon" von The Kinks, die bei Ambros kurzerhand "Herumlieg'n in der Sunn" getauft wurde.

Der Star genoss die große Runde sichtlich. Immer wieder dirigierte er vom Barhocker mit den Fäusten seine fünfköpfige Band. Er grinste, als Keyboarder Günter Dzikowski alles aus seinen Tasteninstrumenten herausholte, besonders beim Akkordeon-Solo in "Samma wieda guat".
Kritik an der FPÖ
Neben "Es lebe der Zentralfriedhof" gab es im fast ausverkauften Zelt "Du bist wia de Wintasun" zu hören. Diesen Hit hatte er im letzten Jahr mit Pop-Sängerin Christina Stürmer in einer unplugged Version im Wiener Volkstheater feinfühlig interpretiert und damit halb Österreich Gänsehaut verpasst. Auf dem Tollwood wurde er allerdings in deutlich flotterer Version und ohne feuchte Augen dargeboten.
Für die Politiker in seiner Heimat gab es noch "Ignorantenstadl" zu hören: "I kumm ma vor wie auf an Schiff, des langsam untergeht", sang er mit voller Überzeugung. Auch wenn das Lied aus dem Jahr 1986 stammt, war es vielleicht ein kleiner tagesaktueller Seitenhieb. Am Morgen des Konzerts verkündete Politiker und FPÖ-Frontmann Herbert Kickl, dass er gerne gemeinsame Sache mit Viktor Orbán im EU-Parlament machen will. Der Austro-Musiker legte sich in der Vergangenheit immer wieder mit der rechtspopulistischen Partei an. Und wenn der Rücken am Körper schmerzt, ist es immer gut, auf andere Art gerades Rückgrat zu zeigen, gerade in diesen Zeiten.