Wo die Münchner Oscars wohnen

Tradition des Erfolgs: München, die Filmstadt, hat in Los Angeles schon viele Triumphe gefeiert. Das Wochenende der berühmtesten Filmpreise steht unmittelbar bevor – hier sind die Oscars schon zuhause.
von  Abendzeitung

MÜNCHEN - Tradition des Erfolgs: München, die Filmstadt, hat in Los Angeles schon viele Triumphe gefeiert. Das Wochenende der berühmtesten Filmpreise steht unmittelbar bevor – hier sind die Oscars schon zuhause.

Kaufen Sie schon mal Coffein-Tabletten: In der Nacht vom Sonntag auf Montag, ab 1 Uhr mitteleuropäischer Zeit, leuchtet L. A. in der 82. Oscarnacht (im TV live auf Pro7). Im Zentrum steht ein neunfaches Nominierungs-Duell im Stil von David gegen Goliath: Kathryn Biglow mit ihrem fantastischen Kriegsthriller „The Hurt Locker – Tödliches Kommando“ (der weltweit gerade mal 20 Millionen einspielte) gegen „Avatar“ ihres Ex-Mannes James Cameron.

Für uns sind noch zwei Aspekte besonders spannend: Gewinnt Christoph Waltz als SS-Offizier Landa den Oscar als Bester Nebendarsteller (obwohl er eigentlich die Hauptrolle in Tarantinos „Inglourious Basterds“ spielt)? Und: Wird sich Michael Haneke mit seinem „Weißen Band“ durchsetzen, obwohl der Film sperrig, sehr deutsch und in Schwarz-Weiß gedreht ist? Beide hätten ihren Goldjungen verdient! Aber wissen Sie, welche Münchner einen Oscar bei sich stehen haben?

Rolf Zehetbauer: In guter Gesellschaft

Der 1929 in München geborene Rolf Zehetbauer ist ein Film-Grandseigneur mit entspannter Ausstrahlung. Aufhebens um seine Person mag er nicht, der international renommierte Szenenbildner, Ausstatter, Filmarchitekt, Art Director und Designer. In seinem Harlachinger Haus stehen in einer Vitrine: 4 Mal das Filmband in Gold (unter anderem für „Die unendliche Geschichte“, „Comedian Harmonists“), ein Bayerischer Filmpreis (für „Luther“), ein BAFTA Film Award (der britische Oscar) und der Hollywood-Oscar für „Cabaret“, die Musicaladaption von Bob Fosse mit Liza Minnelli.

Der AZ hat Zehetbauer den 3,85 Kilo schweren Goldjungen mit eingraviertem Namen im blauen Samtmäntelchen in die Harlachinger Einkehr mitgebracht. Bei ihm daheim wird er einmal im Jahr von seiner Frau blankpoliert. Nur Hausfreunde wie Joachim Fuchsberger und einst Luggi Waldleitner und Ingmar Bergman durften ihn halten.

Ein bisschen stolz ist Zehetbauer dann doch bei unserem „Oscar-Gespräch“, dass er die begehrteste aller Filmtrophäen für eine „künstlerische Einzelleistung“ in Production Design (zusammen mit dem verstorbenen Jürgen Kiebach, der 1973 nicht nach Los Angeles reisen konnte) bekam. „Ich war überrascht, aber eher unaufgeregt und habe die kürzeste Dankesrede aller Zeiten gehalten. In zwei Sätzen würdigte ich Regisseur Bob Fosse und Kameramann Geoffrey Unsworth. 36 Stunden später war ich wieder daheim in München, da ging der Trubel erst richtig los, die AZ-Artikel habe ich sogar genossen.“

Als die US-Produktion „Cabaret“ in den Bavaria Studios in München gedreht wurde, war Zehetbauer dort Ausstattungs-Leiter. Ein paar Jahre später wurde er noch berühmter – für das Produktionsdesign von Bergmans „Das Schlangenei“ und von Filmen von Fassbinder und Petersen. Seit 1993 arbeitet Zehetbauer kreativ im „aktiven Ruhestand“.
Angie Dullinger

Florian Gallenberger: Zwei schöne Jungs im Bücherregal

Die Jahrtausendwende als Durchbruch: Da gewann der Münchner Filmhochschüler Florian Gallenberger 2000 mit Ende zwanzig den Studenten-Oscar für „Quiero ser“. Doch dieser Nachwuchs-Preis ist noch kein Goldjunge. Die Statue räumte Gallenberger mit dem 34-Minuten-Film ein Jahr später im Shrine Auditorium in der Kategorie „Kurzfilm“ ab: „Von Hollywood muss man sich nicht verheizen lassen, sondern an das glauben, was man will“, sagte er damals unhysterisch der AZ, und: „Ich glaube, es gibt nicht so viele großartige Momente im Leben, aber dieser gehört mit Sicherheit dazu."

Noch heute ist Gallenberger sympathisch zurückhaltend, wenn er an seinen Oscar denkt: „Mein Goldjunge steht vollkommen undramatisch auf dem Bücherregal in der guten Gesellschaft eines Bayerischen Filmpreises, des Studenten-Oscars und noch ein paar anderer Preise. Dieses Jahr fahre ich sogar mal wieder zur Oscarverleihung und schaue mir an, wer ausgezeichnet wird."
adp

Caroline Link: Er hat einen Barbie-Sombrero auf

Caroline Link ist genervt von den alljährlichen Oscar-Anfragen. 2003 bekam sie den Preis für „Nirgendwo in Afrika“. Ihr Drama über eine jüdische Familie, die vor der Nazi-Verfolgung nach Kenia flieht (nach dem Bestseller von Stefanie Zweig) gewann in der Kategorie bester nichtenglischsprachiger Film. Das Oscar-Glück war damals getrübt durch die Erkrankung ihrer sieben Monate alten Tochter Pauline, Link erlebte ihren Triumph daheim in München vor dem Fernseher.

Caroline Link schützt ihr Privatleben mit dem renommierten Regisseur Dominik Graf und Pauline. Der AZ sagt sie: „Ihr wisst es ja. Die Oscar-Staute wechselt jährlich ihren Platz zwischen mir und dem tollen Produzenten Peter Herrmann. Bei mir steht sie auf einer Lautsprecherbox im Wohnzimmer, mit Barbie-Sombrero auf dem Kopf. Pauline mag das. Nicht sehr respektvoll, aber so gehört der Oscar zu unserer Familie – und ich erfreue mich an ihm."

Eine Oscar-Euphorie hat Caroline Link schon Jahre vorher erlebt. Die Vorführung ihres HFF-Abschlussfilms „Sommertage" 1990 im Arri-Kino war durch einen versagenden Projektor „die schlichte Peinlichkeit“. Aber die gebürtige Bad Nauheimerin konnte sich immer auf ihre Familie verlassen. „Mein Vater hat mir damals eine Oscar-Attrappe aus Kunststoff geschenkt, mit meinem Namen, und mir prophezeit, ich kriege den echten, ganz bestimmt. Papa hatte Recht.“
ad

ARRI, die Schwabinger Abonnenten

Fast schon ein Oscar-Abonnement hat die Schwabinger Firma ARRI (Arnold & Richter Cine Technik) für ihre innovative Technik, hochsensible Kameras, die Weiterentwicklung lichtstarker Scheinwerfer (Oscar 2009 für „Arrimax 18/12“). Den mittlerweile 16. Oscar, der neuen Glanz in die Statuetten-Sammlung in der Türkenstraße bringen wird, bekommt ARRI nun am Sonntag für den Filmscanner „Arriscan“, der Bilder in digitale Daten umwandelt.

Den Oscar für das Lebenswerk von August Arnold (der gebürtige Münchner gründete ARRI 1917 gemeinsam mit seinem TU-Studienkollegen Robert Richter) hält sein Sohn und Firmenerbe Bob Arnold, der sich inzwischen aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen hat, in seinem Büro im Lenbachpalais in Ehren.

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