Wieviel Dunkelheit erträgt die Seele?

„Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“, der vorletzte Teil der Fantasyreihe, hält den hohen Erwartungen stand. Regisseur David Yates badet in düsternen Bildern und bleibt der Vorlage treu
von  Abendzeitung

„Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“, der vorletzte Teil der Fantasyreihe, hält den hohen Erwartungen stand. Regisseur David Yates badet in düsternen Bildern und bleibt der Vorlage treu

8An der langen Tafel hat sie Platz genommen, die Achse des Bösen. Finster sind die Gothic-Magier gekleidet, und dennoch zittern sie wie Espenlaub vor dem Einen, dessen Namen niemand auszusprechen wagt.

Lord Voldemort (Ralph Fiennes), das nasenlose Totenkopfgesicht, hat geladen, um endgültig über das Schicksal von Harry Potter zu bestimmen. Lebend will er den Erzfeind fangen, um ihn eigenhändig umzubringen. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, bittet der Finsterling eine meterlange, dauerzüngelnde Python zum „Dinner“. Das Opfer ist eine hilflose Zauberlehrerin. Die Schlange reißt ihr Maul auf und die Leinwand wird plötzlich schwarz.

Verblüffend nah an "Herr der Ringe"

Gleich zu Beginn setzt Regisseur David Yates mit Bildern wie aus einem Horrorfilm den Tonfall für „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“. Diese Welt hat längst nichts mehr zu tun mit dem drolligen Internatsleben in Hogwarts. Harry ist jetzt ein junger Mann auf der Flucht. Mit Hilfe seiner Freunde, darunter Mad-Eye Moody (Brendan Gleeson) und seine treuen Mitstreiter Ron (Rupert Grint) und Hermine (Emma Watson) sucht er nach einem geeigneten Versteck. Um Verwirrung zu stiften, verwandeln sich die Harry-Helfer alle in kleine Potters, ein letzter heiterer Moment in einem ansonsten ungemein düsteren Film, der garantiert nicht für Kinder unter 12 Jahren geeignet ist. Bei den Weasleys werden sie fündig, doch die Todesser haben sie bereits aufgespürt. Am Ende bleibt Harry nur ein Ausweg: Er muss an die Horkruxe herankommen. In diesen verzauberten Gegenständen sind Bruchstücke von Voldemorts Seele eingelagert, die es zu zerstören gilt.

„Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“, der erste Teil der Verfilmung von Joanne K. Rowlings letztem Band erinnert verblüffend an „Der Herr der Ringe“. Gerade die Horkruxe entfalten eine ähnlich finstere Sogwirkung wie Frodos Ring. Das gibt den Schauspielern Möglichkeiten, mehr als bisher aus ihren Rollen herauszuholen. Besonders Grint profitiert davon, wenn er plötzlich ungewohnte Eifersüchteleien entwickelt. Am deutlichsten werden die Parallelen aber, wenn Hauself Dobby schizophrene Gollum-Züge annimmt.

Dennoch kann auch der neue Potter, trotz einiger weniger Längen, auf eigenen Beinen stehen. Die ausgeblichenen Endzeitbilder verblüffen, die Anspielungen auf faschistische Strukturen – in der Jagd auf die Muggels – sind klug eingesetzt und die Action ist fein dosiert.

Florian Koch

Kino: Cadillac, Cinema (OV), Cincinnati, Cinemaxx, Münchner Freiheit, Leopold, Mathäser, Gabriel, Rex, Rio, Royal, Solln

R: David Yates (GB, 146 Min.)

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