Wie wirkt Filmmusik?
Das Filmfest München startet am Freitag, doch schon am Tag zuvor dreht sich alles um Filmmusik – bei „filmtonart“ im Funkhaus und „Cinema in Concert“ im Circus Krone: Star ist Howard Shore
Welche Persönlichkeit hat ein Komponist, der zwischen Kinderträumen („Mrs. Doubtfire“, 1993), Horrorschockern für David Cronenberg (1986: „Die Fliege“) oder der Psychopathen-Vertonung von Jonathan Demmes „Das Schweigen der Lämmer“ und Wagner-Überwältigungs-Wahnsinn wie für die „Herr der Ringe“-Trilogie wechseln kann?
Der eisgraue Kanadier mit seiner Harry-Potter-Brille und seiner fast britisch zurückhaltenden Art ist live in München gleich zweimal zu erleben. Denn Howard Shore bekommt am Donnerstag bei „Cinema in Concert“ im Circus Krone den BR Filmmusik Preis.
Howard Shore ist der erste Geehrte dieser Art, denn der Preis wird zum ersten Mal vergeben, gestiftet von der Produktionsfirma Telepool. Roger Willemsen wird das Filmmusikkonzert moderieren und dabei Howard Shore als „special guest“ begrüßen, obwohl er als öffentlichkeits-scheues Arbeitstier gilt. Aber sicher haben ihm die stattlichen 10000 Euro Preisgeld das Kommen leichter gemacht.
Die neue Klassik
Überraschend ist dabei, dass Howard Shore zugesagt hat, zuvor auch noch auf ein Podium zu steigen – um 16 Uhr bei „filmtonart“, dem öffentlichen Tag der Filmmusik im Bayerischen Rundfunk. Dort wird er mitdiskutieren über die Frage, ob der klassischen Musik nicht das Publikum wegstirbt, und die Filmmusik als „neue Klassik“ in Zukunft die Konzertsäle füllen muss. Howard Shore ist dafür selbst das lebende Beispiel. Denn immer waren die Live-Filmmusikkonzerte zu den „Herr der Ringe“-Filmen im Gasteig ausverkauft. Im nächsten Jahr wagt man dann das ganz große Massen-Spektakel: Zwischen 17. und 25. April werden alle drei Teile der Peter-Jackson-Verfilmung von John Ronald Reuel Tolkiens Fantasy-Epos je zweimal in der Philharmonie aufgeführt. 15000 Zuschauer und -hörer können hier dann Frodo & Co. sehen und Howard Shore hören.
Auch die AZ hat übermorgen beim Tag der Filmmusik eine Publikums-Veranstaltung um 17.30 Uhr im Funkhaus des BR am Rundfunkplatz: „Wie klingt ein Bild – Live erleben, wie Filmmusik wirkt“ ist der Titel des AZ–Panels bei „filmtonart“. Komponist und Musikprofessor Enjott Schneider wird Musik zu einem Kurzfilm entwickeln, und Filmstudenten führen ihre Ideen mit Live-Ensembles vor. Den Kurzfilm dazu, „Formic“ von Roman Kälin und Florian Wittmann, hat die Filmakademie Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt.
Ein Clou des AZ-Panels ist auch die Publikumsbeteiligung. Denn es gibt nicht nur für Zuschauer die Möglichkeit, über die besten Filmmusik-Vorschläge abzustimmen. Sondern es werden auch zwei Kompositionsbeispiele von AZ-Lesern und BR-Hörern vorgeführt, die teilgenommen haben am Kompositionswettbewerb zu „Formic“.
Mit am Podium ist – neben Enjott Schneider – auch der Filmkomponist Gerd Baumann, der schon für die Rosenmüller-Filme „Räuber Kneissl“ oder „Beste Gegend“ die Musik geschaffen hat. Kostenlose Anmeldung zu „filmtonart“, dem Tag der Filmmusik“ für alle Interessierte, ist noch unter www.filmtonart.de möglich.
Adrian Prechtel