Wie kommt Jopie in die „Abendschau“?
Wie funktioniert eine Live-Sendung? Und wie enstehen die Beiträge? Die AZ blickt hinter die Kulissen des BR-Fernsehstudios in Freimann.
Liegt der Beitrag schon vor?“ Das ist die häufigste Frage, die man im BR-Fernsehstudio hinter den Kulissen der „Abendschau“ stellt – selbst dann, wenn das Magazin schon auf Sendung ist. Und die Antwort lautet nicht immer ja. Die „Abendschau“ ist live, die Beiträge aktuell, und einige deshalb meist noch gar nicht fertig, wenn die Sendung um 18 Uhr beginnt.
Bis dahin ist an diesem Vormittag aber noch viel Zeit. Es ist 8.45 Uhr, Redaktion und Reporter treffen sich zur Morgenkonferenz, um die Themen festzulegen. Anwohner in Gröbenzell bei München sollen Kosten für die neue Abwasserrinne übernehmen. Alkoholfreier Hollunderpunsch und der Sinn von Rechtsschutzversicherungen stehen auf dem Programm. Und um 12 Uhr lädt Johannes Heesters in den Bayerischen Hof. Dort stellt der 106-Jährige gemeinsam mit der Familie sein Porträt aus der Reihe „Legenden“ vor, das die ARD am 23. Dezember um 21.45 Uhr zeigt.
"Ein bisschen Glamour mit Jopie Heesters"
„Wir machen zwei Minuten mit Heesters um 18.22 Uhr“, sagt „Abendschau“-Redakteur Michael Kraa. Er ist in dieser Woche für die Planung zuständig. „Um 18.22 Uhr zeigen die anderen Werbung“, erklärt er der AZ. „Und ein bisschen Glamour mit Jopie Heesters“ könnte die Zuschauer locken.
Patrizia Wackers bekommt den Jopie-Auftrag. Seit zwölf Jahren arbeitet die Reporterin für die „Abendschau“. Bevor es losgeht, bestellt sie noch schnell einen Schnittplatz, um später das gedrehte Material auf zwei Minuten zu komprimieren. Zurück im Sender muss alles schnell gehen.
Mit Praktikantin Anna Kessler und dem Kamerateam trifft Wackers bereits um 11 Uhr am Bayerischen Hof ein. Obwohl Heesters frühestens in einer Stunde kommt – Wackers ist keine Sekunde zu früh. Dutzende Fotografen haben ihr Revier im Palais Montgelas schon abgesteckt, um später die besten Bilder zu bekommen. Jetzt heißt es eine gute Position zu finden und zu warten. Dann kommt endlich auch Heesters, gestützt von Ehefrau Simone Rethel und abgeschirmt von Betreuern. Die Fotografen sollen ihn erst knipsen, wenn er kameratauglich auf dem Sofa sitzt.
Heesters, blind, lässt das Blitzlichtgewitter tapfer über sich ergehen. „Den Kopf höher“ und „hier hin“, schreien die Fotografen. Aus gutem Grund sind sie später beim Pressegespräch nicht zugelassen. Einzig „Abendschau“-Reporterin Wackers und eine Kollegin von „Brisant“ dürfen Heesters im Anschluss an die Filmvorführung drehen. Ein Vorteil, wenn man derselben Senderfamilie angehört.
An Heesters persönlich darf aber auch Wackers das Wort nicht richten – Rethel beantwortet die Fragen. Doch dann hält sie ihrem Mann das Mikro doch hin und er erklärt: „Ich hoffe, dass die Zeit kommt, dass jemand ein Buch schreibt mit einer schönen Rolle für mich.“ Glück gehabt, denn jetzt sind alle Bilder im Kasten. Für das edle Büffet bleibt kaum Zeit, es ist fast 15 Uhr, als Wackers zurück im Sender in den Schnitt eilt.
Deumling schreibt seine Moderationen selbst
Bereits seit 10 Uhr sitzt Christoph Deumling in seinem Büro, im wöchentlichen Wechsel mit Annette Betz präsentiert er die „Abendschau“. Bis etwa 16.30 Uhr sichtet er die fertigen Beiträge und schreibt seine Moderationen. Dann geht’s in die Maske und zu den Lichtproben ins Studio. Dort ist um 17.30 Uhr erst einmal Renate Herberg mit „Aus Schwaben und Altbayern aktuell“ dran, das Pendant „Franken aktuell“ wird in Nürnberg produziert.
Um 17 Uhr ist Wackers im Schnitt fertig, Manuela Nöth, Chefin vom Dienst, nimmt den Beitrag ab, bevor er in die Vertonung geht. Um 17.45 Uhr sind alle Beiträge des Abends fertig, „und das passiert vielleicht drei Mal im Jahr“, sagt Nöth. Und dennoch wird es in der Live-Sendung eng. BR-Reporterlegende Günther Wolfbauer ist gestorben, das muss unbedingt noch mit einem Beitrag rein. Die Sendung ist nun 30 Sekunden zu lang. Kein Problem für Christoph Deumling: „Dann mach’ ich am Ende eben die Verabschiedung kürzer.“
Angelika Kahl