Westöstliche Dialoge
Das Bayerische Staatsorchester riskiert seit Jahren in seinen sechs selbstverwalteten Symphoniekonzerten mehr neuere Musik als Münchens übrige Großorchester. Und das ohne das Strohfeuer spektakulärer Uraufführungen, sondern nachhaltig durch die Wiederaufführung bewährter Stücke.
Das letzte Programm der Saison widmete sich dem Spannungsfeld zwischen Tradition und Gegenwart in Japan. In Toru Takemitsus „Ceremonial” von 1992 verbreitete die Mundorgel Sho erst Feierlichkeit im Taschenformat, ehe sich der Klang auf das westliche Orchester und im Raum verteilte Bläser auffächerte. Die Sho hatte das erste und letzte Wort, doch zu einem westöstlichen Musikdialog kam es erst bei Toshio Hosokawas „Landscape V” mit dem Schumann Quartett, das sich bei diesem leisen Stück recht mutig auf den großen Raum des Nationaltheaters einließ.
Für Toshiro Mayuzumis in seiner Ekstase etwas gebremstes „Bacchanale” im internationalen Stil der Klassischen Moderne von 1953 kehrte das Orchester in Großbesetzung zurück. Für den zweiten Teil des Abends hätte sich ein westöstlich gefärbter Klassiker von Claude Debussy angeboten – oder ein anderes, dem Dirigenten Yutaka Sado irgendwie liegendes Stück. Tschaikowskys Vierte schien es jedenfalls nicht zu sein. Der einstige Bernstein-Assistent bot hüpfend und tauchend einiges fürs Auge. Aber die von ihm zu verantwortenden, recht freien Tempi wirkten einschließlich der Übergänge steifleinern. Dank des bestens aufgelegten Orchesters gelang der Schicksalszirkus des letzten Satzes immerhin recht effektvoll. Aber das reicht als Grund eigentlich kaum aus, dieses oft gespielte Stück ein weiteres Mal in einen Saal zu donnern.