Werbung oder Programm?

Im nächsten Jahr wird auch in Deutschland in Fernsehen und Hörfunk Product Placement erlaubt. Mehr oder weniger versteckt gibt’s das aber schon längst
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Perfekte Programm-Werbe-Symbiose: In Heidi Klums „Germany’s Next Topmodel“-Casting werden Werbespots gedreht, die später beim Sender laufen. Da beißen auch die Kandidatinnen gerne zu.
dpa 3 Perfekte Programm-Werbe-Symbiose: In Heidi Klums „Germany’s Next Topmodel“-Casting werden Werbespots gedreht, die später beim Sender laufen. Da beißen auch die Kandidatinnen gerne zu.
Wetten, dass auch der letzte Zuschauer erkennt, um welche Automarke es sich hier handelt.
dpa 3 Wetten, dass auch der letzte Zuschauer erkennt, um welche Automarke es sich hier handelt.
Ganz unverkennbar nutzen auch die Mainzelmännchen das iPhone.
screenshot: az 3 Ganz unverkennbar nutzen auch die Mainzelmännchen das iPhone.

Im nächsten Jahr wird auch in Deutschland in Fernsehen und Hörfunk Product Placement erlaubt. Mehr oder weniger versteckt gibt’s das aber schon längst

Genüsslich beißt Heidi Klum in den McDonald’s-Burger „Snack Deluxe“, laziv lutscht „Germany’s Next Topmodel“-Kandidatin Marie an ihrer Yogurette, Thomas Gottschalk dagegen nascht am liebsten Gummibärchen und „Tatort“-Kommissar Richy Müller brettert in seinem Porsche durch Stuttgart. Nicht in der Werbepause, sondern im ganz normalen TV-Programm.

Die Trennung zwischen Werbung und Programm gibt es in Deutschland schon lange nur noch theoretisch. Und nächstes Jahr nicht einmal mehr das. Die Ministerpräsidenten der Länder beraten gerade über den 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit dem das sogenannte Product Placement auch in Deutschland erlaubt werden soll. Die entsprechende EU-Richtlinie muss im nächsten Jahr umgesetzt sein. Produkte können dann ganz legal gegen Geld im Programm platziert werden – zumindest bei den Privatsendern. Für Kinder- und Nachrichtensendungen gilt ein Komplettverbot.

Produktplatzierungen müssen kenntlich gemacht werden

„Dieses Product Placement muss allerdings kenntlich gemacht werden“, sagt Wolf-Dieter Ring, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). Genau darin sieht er einen großen Fortschritt. „Für den Zuschauer wird transparent, wer welche Filme und Serien sponsert. Diese Dinge gibt’s ja schon lange versteckt.“

Aber es gibt auch noch zahllose offene Fragen. Beispielsweise wie die Kennzeichnung im Einzelnen aussehen soll. „Die Kenntlichmachung darf den vernünftigen Programmablauf nicht stören, aber natürlich auch nicht versteckt werden", sagt Ring. Ein Hinweis am Anfang und Ende der Sendung wird favorisiert. Pech für den Zuschauer, der mittendrin zuschaltet. Aber auch der hat heute schon mit nicht gekennzeichnetem Product Placement jede Menge Erfahrung. Jeder US-Film, jede US-Serie ist auch Werbung für ein Produkt. Selbst deutsche Unternehmen nehmen gerne den kleinen Umweg Amerika in Kauf, James Bond rettete im BMW Z3 sogar die Welt. „Hollywood und auch die meisten Länder in Europa finanzieren ihre Filme großteils über Produktplatzierungen. Da dürfen wir unsere eigenen Filmunternehmen nicht diskriminieren“, meint Ring.

Wer entert für das ZDF ein Traumschiff?

Der gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk bleibt bei der Neuregelung außen vor. Die Sender haben eine freiwillige Erklärung abgegeben, auf Product Placement verzichten zu wollen. „Gegen die Absicht, das jetzt auch in den Staatsvertrag zu schreiben, gibt es allerdings Widerstand“, sagt Ring. Und das ist nicht der einzige strittige Punkt, mit dem die Öffentlich-Rechtlichen die Länderchefs beschäftigen. Auch ARD und ZDF dürfen Produkte in ihrem Unterhaltungsprogramm zeigen – „nämlich dann, wenn sie dramaturgisch zu einer Sendung gehören“, erklärt Ring. „Produkte gehören schließlich zur Realität des Lebens.“ Aber was, wenn die MS Deutschland dem „Traumschiff“-Kapitän kostenlos zur Verfügung gestellt wird? „Über bestimmte Eckwerte sogenannter Produktbeistellungen muss noch verhandelt werden“, sagt der BLM-Chef. Diskutiert wird etwa, ob sie einen bestimmten Sachwert nicht überschreiten dürfen.

„Und Schleichwerbung bleibt natürlich nach wie vor verboten“, betont Ring. „Auch wenn die Abgrenzung in Zukunft noch schwieriger wird.“ Und wer entscheidet, wann ein Produkt dramaturgisch unerlässlich ist oder nicht?

Vielleicht die ZDF-Mainzelmännchen. Das Ergebnis twittern sie dann mit ihrem neuen iPhone in die Welt.

Angelika Kahl

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