Wer mobbt wen?

Antje Vollmer findet, dass Christian Thielemann in München gemobbt würde. Ein Widerspruch
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Antje Vollmer findet, dass Christian Thielemann in München gemobbt würde. Ein Widerspruch

Ein Genie wird gemobbt, findet die ehemalige Bundestags-Vizepräsidenten Antje Vollmer in der gestrigen „Süddeutschen Zeitung“. Sie spricht von Christian Thielemann. Ein Genie ist er, fürwahr. Das hat noch niemand bestritten, der Ohren für Wagner, Strauss oder Bruckner am Kopf hat.

Aber wer mobbt da wen? Vollmer vergisst, dass die Münchner Verhandlungen mit dem Dirigenten mysteriöserweise genau dann Stocken gerieten, als die Staatskapelle Dresden plötzlich vakant wurde. Sie erwähnt nicht einmal, dass Sachsen nun ganz offen mit ihm verhandelt. Und: Wer hat schon einen Intendanten verschlissen und war kurz davor, nach kaum mehr als einem Jahr seinen Wunschkandidaten Paul Müller loswerden zu wollen?

Im Zusammenhang mit dem umstrittenen Letztentscheidungsrecht nennt Vollmer die Namen Barenboim, Rattle oder Nagano. Gerade sie beweisen, dass die Stadt gut beraten war, hart zu bleiben. Barenboim lässt Pierre Boulez ans Pult der Berliner Staatskapelle, Rattle duldet Thielemann und Mariss Jansons bei den Berliner Philharmonikern und neben Kent Nagano gab es heuer eine Reihe ungewöhnlich hochkarätiger Gastdirigenten im Nationaltheater. Diese Chefs vertrauen ihren Orchestern. Sie wittern nicht Verrat und Verschmutzung, wenn ein Kollege eigene Klangvorstellungen durchsetzt.

Aber jedes Argument wird in dieser Geschichte nichts nutzen: Der Mythos von den bierdimpfligen Provinzdeppen und bürokratischen Sesselfurzern, die nach Mozart, Wagner und Thomas Mann nun auch den genialen Thielemann vertrieben haben, bestätigt alle landläufigen Vorurteile über unsere Stadt. Er ist so schön, dass er gewiss noch lange an München kleben bleibt.

Robert Braunmüller

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