Wenn einfach alles zusammenpasst
Umjubelte Vollkommenheit: Diana Damraus Liederabend mit dem Harfenisten Xavier de Maistre im Prinzregentheater war ein erster Höhepunkt der Münchner Opernfestspiele
Schon der Auftrittapplaus für diese sympathische Sängerin fiel enthusiastischer aus als bei manchen Künstlern der Schlussbeifall. Ein bisschen romantische Wehmut mischt sich auch gleich hinein: Diana Damrau ist deutlich schwanger, und nach der Premiere und den folgenden Aufführungen der Strauss-Oper „Die schweigsame Frau“ bei den Opernfestspielen wird sie wohl eine länger Pause einlegen wollen.
Das ist schön für sie, aber ein wenig schade für uns. Am derzeitigen Punkt ihrer Entwicklung ist die Stimme für den Liedgesang ideal. Die Damrau ist über die Koloraturen ins lyrische Fach vorgestoßen, ohne dass ihre etwas üppiger gewordene Stimme an Geschmeidigkeit verloren hätte. Wie auf ihren Arienplatten gibt sie jedem Lied einen eigenen Tonfall. Die sensible Ausdeutung des Textes ist vorbildlich.
In Schuberts „Gretchen am Spinnrad“ spitzt sie den Zwiespalt zwischen Sehnsucht und Schuldbewusstsein dramatisch zu, ohne mit opernhaftem Pathos aufzutrumpfen. Begleitet wurde die Sängerin sehr sensibel vom Harfenisten Xavier de Maistre. Die anfängliche Skepsis gegenüber diesem Experiment verflog rasch: Das Instrument ließ der Stimme dezent den Vortritt, und die Stücke waren für das Begleitinstrument perfekt ausgewählt. Den eher dekorativen Mélodies französischer Komponisten im zweiten Teil war die Harfe ohnehin angemessen. Aber auch zu den eher hymnisch-freundlichen Liedern von Schubert oder Strauss passte sie gut, beim „Ständchen“ oder dem Gebet „Ave Maria“ war sie sogar atmosphärisch treffender. Am erstaunlichsten gelang de Maistre übrigens die abgeklärte Emphase im großen Zwischenspiel von „Beim Schlafengehen“, dem dritten aus den „Vier letzten Liedern“, das die große Strauss-Sängerin mit exemplarischer Klarheit gestaltete.
In der hübschen „Villanelle“ von Eva Dell’Aqua bewies die Damrau am Ende des offiziellen Teils, dass sie den Koloraturgesang ebenso wenig verlernt hat wie eine heitere Ironie. Als Zugabe gab es eine Arie aus Vincenzo Bellinis „I Capuleti e i Montecchi“, die auch im Original durch ein Harfensolo verziert wird. Dann donnerte es von draußen ins Prinzregententheater: Passender als mit dem Strauss-Lied „Und morgen wird die Sonne wieder scheinen“ hätten die Damrau und ihr kongenialer Begleiter diesen vollkommenen Liederabend nicht beenden können.
Robert Braunmüller
- Themen:
- Prinzregententheater