Wenn die Bühne überhaupt nicht mehr fehlt
Philharmonie: Der konzertante „Rosenkavalier“ von Richard Strauss unter Christian Thielemann
Womöglich hatten ja doch jene recht, die sich die Reise nach Baden-Baden verkniffen haben und statt dessen darauf vertrauten, dass der in der Philharmonie mit kleineren szenischen Einlagen konzertant dargebotene „Rosenkavalier“ musikalisch bedeutender ausfallen könnte als die Wiederbelebung der verunglückten Salzburger Festspielinszenierung von Herbert Wernicke aus dem Jahr 1995.
Die Zeichen im Gasteig standen gut. Man hatte für Übertitel gesorgt. Wer in Baden-Baden dabei war, konnte sich zurücklehnen. Fast alle Akteure legten in München zu. Dass die Philharmoniker auf dem Gasteig-Podium gelegentlich recht ungebührlich auftrumpfen, weiß man.
„Mozart – nicht Lehár!", so hatte sich Richard Strauss die Interpretation des „Rosenkavalier“ gewünscht. Keine Gefühlsduseleien, keine Tränen, allenfalls ein wenig Melancholie: Christian Thielemann hielt sich nicht immer daran. Ein ums andere Mal ließ er sich von der hinreißenden Renée Fleming verführen, die vermeintlich tragischen Momente allzu genüsslich auszukosten. Die Trennung von ihrem jugendlichen Lover Octavian (erheblich überzeugender als in Baden-Baden: Sophie Koch) bringt diese beglückend jugendliche Marschallin ziemlich aus der Fassung. Renée Fleming beherrschte das Geschehen nach Belieben. Trotz des Charmes, den die betörend singenden Diana Damrau als Sophie verströmte, war nie so recht einzusehen, warum sich Octavian am Ende für dieses naive Dummchen entscheidet.
Die Brautschau des Möchtegern-Don-Juans Ochs auf Lerchenau blieb auch diesmal eine Nebensache, weil sich Franz Hawlata allzu sehr mit ungefährer Parlando-Routine begnügte. Und auch Ramón Vargas (Sänger) kann es besser. Doch Strauss hat ohnehin den Damen die schönere Musik zugedacht. So war das leicht zu verschmerzen.
Volker Boser