Wenn der Kater kommt

Der Deutsche Filmpreis 2010 wird am 23. April in Berlin vergeben – und feiert im Grunde das Kinowunderjahr 2009. Denn heuer jagt ein Flop den anderen und die Zuschauer bleiben weg
von  Abendzeitung

Der Deutsche Filmpreis 2010 wird am 23. April in Berlin vergeben – und feiert im Grunde das Kinowunderjahr 2009. Denn heuer jagt ein Flop den anderen und die Zuschauer bleiben weg

Die Paradoxie ist die Rettung: Wenn am 23. April im Berliner Friedrichsstadtpalasts der Deutsche Filmpreis 2010 gefeiert wird, feiert man im Grunde das vergangene Kinojahr. Denn die Nominierten (siehe Kasten) stammen noch aus dem Filmwirtschaftswunderjahr 2009.

„Americans, go home!“, schien der deutsche Film da noch kämpferisch zu rufen. Er eroberte einen sensationellen Marktanteil von fast 30 Prozent mit jeweils Millionen Zuschauern: Eine Päpstin und ein junger Wikinger kämpften erfolgreich um die Publikumsgunst wie auch die Beziehungs-Wolpertinger Zweiohrküken. Und Männerherzen wurden mit Männersachen erobert. Aber nach Silvester kam der Kater.

Kaum Gipfelstürmer

Doris Dörries Publikumsliebling der Berlinale, „Die Friseuse“, wird an der Kinokasse nicht recht angenommen. Und eine der bisher teuersten deutschen Koproduktionen wurde bei der Premiere gar als „Drecksfilm“ beschimpft. Einige der Stars schienen sich für den Film so zu schämen, dass sie – wie Ulrich Nöthen – erst gar nicht zur Premiere erschienen. Jo Baiers Historien-Katastrophe „Henri 4“ wird wohl bei 50000 Zuschauern stecken bleiben. So sind die Produktionskosten von rund 20 Millionen Euro im französischen Religionskrieg verpulvert.

Selbst Vilsmaiers Kraftakt einer anstrengenden Kinotour mit Reinhold Messner sowie viele Sondervorstellungen machten „Nanga Parbat“ nicht zum Gipfelstürmer. Das Bergdrama hatte nur 250000 Zuschauer. Da tröstet es nicht, dass selbst Werner Herzog mit seinem Hollywoodstar Nicolas Cage in den Fluten von New Orleans mit nur 10000 Zuschauern in der ersten Woche völlig unterging. Sonst ist zwar auf die Kino-Kids Verlass, aber die ließen an der Kinokasse Bushido schwach aussehen: Die Eichinger-Produktion „Zeiten ändern Dich“ rockte auch nur eine halbe Million Zuschauer.

Nur Schweiger kennt das Erfolgsrezept

So wird die bekannt bewährte Moderatorin der Lola-Verleihung im April, Barbara Schöneberger, zur Überspielung der Krise diesmal nicht nur singen, tanzen und im Glitzerkleid alles überstrahlen müssen wie eine ukrainische Eisprinzessin. Sie wird die Filmschaffenden der Filmakademie auf bessere Gedanken bringen müssen. Und vielleicht schaut diesmal ja auch der Verweigerer Til Schweiger vorbei. Der hat ja herausgefunden, wie man einen deutschen Kinohit nach dem anderen hinkriegt.

Adrian Prechtel

Die Nominierungen für den Deutschen Filmpreis

Michael Hanekes oscarnominiertes Drama „Das weiße Band“ geht als großer Favorit in das Rennen um den 60. Deutschen Filmpreis. Der Schwarz-Weiß-Film, der mysteriöse Vorfälle in einem fiktiven norddeutschen Dorf kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs schildert, wurde 13 Mal nominiert, darunter in der Kategorie „Bester Spielfilm“ und „Beste Regie“, wie die Filmakademie am Freitag in Berlin bekanntgab.

Der mit 2,855 Millionen Euro höchstdotierte Kulturpreis Deutschlands wird in 16 Kategorien am 23. April im Berliner Friedrichstadtpalast verliehen, die Gala überträgt die ARD ab 21.45 Uhr. Neben Hanekes Film sind „Alle anderen“ von Maren Ade, „Die Fremde“ von Feo Aladag, „Soul Kitchen“ von Fatih Akin, „Wüstenblume“ von Sherry Hormann nominiert und bekommen damit je 250000 Euro. Auf den Preis des besten Hauptdarstellers (10 000 Euro) können Henry Hübchen, Fabian Hinrichs, Burghart Klaußner und Devid Striesow hoffen. Als Hauptdarstellerinnen können Corinna Harfouch, Sibel Kekilli, Susanne Lothar und Birgit Minichmayr eine Lola gewinnen.

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