Weit weg von zu Hause
Man darf ihm, dem ungekrönten König des Austro-Pop, nicht mehr nachträglich zu seinem 60. Geburtstag gratulieren, „denn ich habe inzwischen schon zwei Mal Kraut gegessen”. Und daher bringen nachträgliche Glückwünsche, so will es eine Regel aus Österreich zwischen Volksglaube und Schmäh, nichts Gutes mehr. Gratulieren darf und muss man Wolfgang Ambros allerdings zu seinem neuen Album, das sein Geburtsdatum als Titel trägt: Eine Reise ins eigene Innere, sensible Auseinandersetzungen mit Gott und der Welt.
Gleich zu Beginn sein eigenes Ständchen zum Ehrentag, ein Lied mit dem schlichten Titel „Geburtstag”. „Und das, obwohl ich diesem Tag und den unvermeidlichen Feierlichkeiten davonlaufen wollte. Ich bat meinen Manager, einen Konzerttermin zu buchen, möglichst weit weg von zu Hause, und das hat er dann auch getan. Aber viele meiner Freunde sind uns nachgereist – und dann gab’s eine wilde Party. Ich glaub’, ich hab’ bis vier Uhr früh durchgehalten.”
Und, wie fühlt man sich mit 60? „Ehrlich gesagt: Keine Ahnung. Ich hab’s noch gar nicht richtig realisiert. Zu viel Arbeit, zu viel Drumherum.” Trotzdem klingt die neue CD wie eine persönliche Zwischenbilanz. Fast jedes Lied bietet einen Blick ins Innere, zeigt Standpunkte und Fragezeichen. Und jede Menge Gefühl. Einer der schönsten Titel: „Sie”, ein Liebeslied für seine Frau Anne. Hat „sie” sich darüber Freude? „Und wie”, lacht Ambros, „das war eine gute Idee! Und wir nehmen den Titel auch in unser neues Live-Programm auf.”
Und die Familie vielleicht auch ins Musikerleben auf der Straße? „Im Moment sind die Kinder zu klein zum Unterwegssein. Also lege ich meine Termine so, dass ich zwischendurch so oft wie möglich nach Hause komme. Aber später leisten wir uns wahrscheinlich ein Wohnmobil, dann reisen wir alle zusammen!”
Und woher kommen dann bei all diesen romantischen Zukunftsplänen so schwere Titel wie „Wolkn” zum Thema Existenzangst, „Mei Gewissen” als göttlicher Stellvertreter und „Ka Überraschung” zum Thema Tod? „Man kann sich als Dichter auch in andere rein versetzen. Und dass ich gläubig bin, dazu stehe ich. Auch wenn ich mit Religion nichts am Hut habe.”
Und warum klingt bei „Geh zurück zu deinem Mann” die Gitarre eindeutig nach George Harrison? Ist das Lied Harrisons Ex-Frau gewidmet, die ihm einst Eric Clapton ausgespannt hat? „Nein, mir ging es nur um die Melodie und die Art – aber jetzt, wenn ich nachdenke: Danke für den Hinweis! Ich werde den Titel nachträglich uminterpretieren!”
Wolfgang Ambros: „190352” (Ariola). Sein Alpen-Musical „Watzmann” beschließt das Sommer-Tollwood am 24. Juli; Karten Tel. 0700-38 38 50 24
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