Warum ich immer noch ein echter Revoluzzer bin

Der sanfte Sänger von Haindling über seine wilden Zeiten – und wie sehr er sich freut, wenn die Stoibers zu seinen Konzerten kommen
von  Abendzeitung

Der sanfte Sänger von Haindling über seine wilden Zeiten – und wie sehr er sich freut, wenn die Stoibers zu seinen Konzerten kommen

Der 64 Jahre alte Multi-Instrumentalist Hans-Jürgen Buchner ist mit seiner Band Haindling erfolgreich seit den 80er Jahren. 2005 erhielt er den Bayerischen Verdienstorden. Vor kurzem veröffentlichte Haindling die CD "Ein Schaf denkt nach" (Ariola/Sony Music).

AZ: Herr Buchner, zum 25. Haindling-Jubiläum vor zwei Jahren haben Sie über Ihre frühe Zeit gesagt: „Ich war ein totaler Revoluzzer.“ Was sind Sie heute?

HANS-JÜRGEN BUCHNER: Ich bin 27 Jahre älter als damals.

Sonst nix?

Ich habe immer noch dieselben politischen Vorstellungen. Ich bin vielleicht nicht mehr so wild wie früher, aber ich sage und singe immer noch, was ich mir denke. Ich bin ausgeglichener und großzügiger. Mit dem Begriff Revoluzzer meinte ich, dass ich ja nicht mehr jugendlich war, als meine Musik-Karriere begann, ich war 38. Aber ich fühlte mich immer noch als Bestandteil der Jugend, wie heute noch. Aber damals bin ich mit vielen Dingen auch respektlos umgegangen.

Kann man denn überhaupt noch Revoluzzer sein, wenn man den Bayerischen Verdienstorden trägt?

Ja! Gerade dann!

Haben Sie wirklich eine sogenannte Eventjacke, an der der Orden immer angesteckt ist?

Klar, ich habe keinen Anzug, sondern nur zwei Jacken, eine davon ist die, die ich dabei habe, meine Alltagsjacke seit 15 Jahren…

Dafür schaut sie aber noch ordentlich aus.

Das tut sie, vielleicht ist sie ein bisschen abgenutzt. Und die andere Jacke habe ich an, wenn ich irgendwo eingeladen bin, etwa zum Filmpreis im Cuvilliés-Theater, wo ich halt ein besseres Sacko tragen muss. An der ist der Verdienstorden dran, um zu zeigen, dass ich sehr stolz darauf bin. Normalerweise geht der ja nur an Leute, die konform sind.

Der Verdienstorden ist halt kein Scharfrichterbeil.

Sicher nicht. Aber wenn ich mal wo eingeladen bin, und auch hingehe, was nicht so oft der Fall ist, dann trage ich ihn mit Stolz. Dann sehen die Leute: Aha, so einer kriegt den also auch, nicht nur Landräte und Bischöfe.

Das spricht doch für den guten alten Freistaat.

Ja, doch. Ich habe ihn bekommen, weil ich unser Land musikalisch und mit der bairischen Sprache vertrete, auch im Ausland. In Berlin habe ich mal beim Neujahrskonzert spielen dürfen, was Herrn Stoiber damals sehr gefreut hat – Frau Stoiber ist seit langem Haindling-Fan, ihr gefallen meine Texte. Mir ist aber klar, dass sich die Regierung auch selbst schmückt, wenn sie einen solchen Orden vergibt. Aber wenn Frau Stoiber in unsere Konzerte kommt, dann freue ich mich darüber, denn die könnte ja auch nur zum Roberto Blanco gehen.

Wie der Engländer sagt: If you can't beat them, join them – frei übersetzt: Wen du nicht besiegen kannst, den musst du umarmen.

Klar. Aber es ist doch schön, wenn jemand wie ich auf diese Weise wertgeschätzt wird. Und ich denke schon, dass der Stoiber mir den Orden gern gegeben hat.

Vor kurzem waren Sie zu Auftritten in China. Dort hat Sie das Goethe-Institut als Veranstalter gebeten, einen „tibetanischen Song“ von Ihnen nicht zu spielen. Da wollten Sie nicht diplomatisch sein?

Es war ja nicht einmal klar, welchen Song die eigentlich meinen. Wahrscheinlich haben sie das Lied mit den Alphörnern gemeint. Die gibt's nun mal in Bayern und dann darf ich die auch in China benützen. Ich habe die ganze Sache als seltsam empfunden – und das Lied einfach trotzdem gespielt. Die Chinesen waren begeistert.

Von einem Rockstar, der Sie ja auch irgendwie sind, erwartet man eine gewisse Radikalität. Haben Sie jemals Hotelzimmer verwüstet?

Also, mein Publikum erwartet sowas bestimmt nicht von mir. Gut, früher waren wir schon auch wild und ausgelassen, haben’s mal krachen lassen.

Und das sah dann aus wie bei den Stones?

Da trifft man sich halt mit der gesamten Crew auf dem Zimmer, trinkt Bier und räumt dann hinterher nicht auf. So in der Art. Fernseher aus dem Fenster schmeißen und solche Sachen – das war nie meins. Es ist doch nicht lustig, wenn man was zerstört.

Manchmal gehört’s zur jugendlichen Rebellion...

Mag sein, wir haben auch gut und lange gefeiert. Aber mittlerweile kenn ich das alles nur zu gut und übernachte gar nicht mehr gern in Hotels. Ich versuche, die Tour so zu planen, dass ich nach jedem Konzert wieder heimfahren kann. Nur wenn's sehr weit weg ist wie Stuttgart oder Tuttlingen, dann bleibe ich über Nacht.

Wie der Sigi Sommer: Der kam heim aus dem Krieg und schwor sich, nie wieder so weit von München wegzugehen, als dass er nicht am selben Tag zu Fuß wieder heimgehen konnte.

Das kann ich gut nachfühlen. Ich habe das alles hinter mir: Kneipen, Hotelbars. Noch dazu habe ich mich immer gern verführen lassen, war meist der letzte im Bett. Heute nehme ich mir von dem Bier aus der Garderobe zwei Flaschen mit, dann fahr’ ich und trinke es daheim.

Sie machen mittlerweile PR und Interviews mit der „Bild“-Zeitung, das hätte es früher auch nicht gegeben.

Ich bin froh, dass ich da ein Interview drin habe. Wenn ich eine neue Platte mache, möchte ich, dass möglichst viele Menschen das mitbekommen. Und im Grunde sind doch alle Zeitungen Boulevardblätter.

Es gibt solche und solche.

Was soll ich jetzt sagen? Dass es mir leid tut?

Ich nehme an, dass jemand wie Sie sich sehr genau überlegt, mit wem er was macht.

Wenn ich das Interview nicht gemacht hätte, wüsste das ja auch keiner. Mir ist wichtig, meine Aussage verbreiten zu können. Wenn dann die Leute ins Konzert kommen oder sich die Platte kaufen, dann merken sie, dass ich einer bin, der gar nicht in die „Bild“-Zeitung passt. Aber sich verweigern? Das wäre ja wie den Verdienstorden ablehnen – was hätte ich denn davon?

Wie waren Sie als Jugendlicher? Aufsässig, lange Haare, kiffen – das volle Programm?

Das Kiffen hat’s noch nicht gegeben damals. Aber ich war ein richtig aufsässiger Klosterschüler, störte ständig, war überall unbequem. Das einzige, was mir sonst Spaß machte, war das Klavierspielen. Aber das ist mir großteils verboten worden, weil es hieß, ich solle doch lieber Fußballspielen. Ich war auch der erste, der eine Jeans gehabt hat, von der Tante aus Amerika. Das war schon Revoluzzertum genug, denn solche Hosen waren bei uns im Kloster verboten.

Trotzdem getragen?

Ich habe sie angehabt! Zwischen Kloster und Gymnasium lagen 500 Meter Fußweg, auf dem habe ich mich umgezogen.

Und nachts deponierten Sie die Jeans hinterm Busch?

Da habe ich ein gutes Platzerl gehabt. Ich hatte auch Hemden mit aufgeschlagenem Kragen, so James-Dean-mässig. Ich habe mein Unterhemd verkehrt herum getragen, und mein Gang war bewusst krumm und unsportlich – so wie heute ja immer noch.

Sie haben erst spät zur Musikkarriere gefunden, was war der Auslöser?

Als meine Töpferwerkstatt gut florierte, habe ich mir einige Instrumente zugelegt. In meinem Lieferwagen, einem Ford Transit, wollte ich im Cassettenrekorder nicht immer nur gekaufte Musik haben. Jimi Hendrix war ja damals modern…

Hendrix in den frühen 80ern?!

Schon, wir da hörten wir auch noch Embryo oder Amon Düül oder Kraan. Aber ich wollte im Auto meinen eigenen Sound. Da ich bereits Klavier, Trompete und Tenorhorn spielte, kaufte ich einen Vier-Spur-Rekorder und legte los. Ich habe schon immer alles selber gemacht. Ich habe zum Beispiel auch selbst meine Ski und Skischuhe bemalt und meine T-Shirts. Ich durfte mir nie was Modisches kaufen, da war mein Vater dagegen – so musste die Kreativität wachsen. Und der Rest ist bekannt, oder?

Nicht unbedingt.

Ich habe dann den irischen Rockmusiker Kevin Coyne kennengelernt in Wien. Der ist dann mit zu uns nach Haindling gefahren. Und beim Mittagessen, das wir für die ganze Band kochten, habe ich meine Kassette eingelegt in den Rekorder, da fragte er: „Hey, was ist das?“ Von der Ariola war auch einer dabei, und so nahm das seinen Lauf. Ich wollte aber keine Studioaufnahmen für eine Plattenfirma machen, sondern erst mal alles selbst finanzieren und lediglich 1000 Scheiben pressen lassen. Unabhängigkeit war mir immer das Wichtigste. So bekam ich einen Bandübernahmevertrag, das bedeutet, dass ich selbst bestimme, was auf die Platten draufkommt – das gilt bis heute.

Ihre Musik entsteht fließend, organisch, sie hören und sammeln Klänge und Geräusche. Könnten Sie auch so richtig diszipliniert aufs Blatt komponieren?

Nein, weil ich keine Noten mehr lesen kann.

Nicht mehr?

Ich hatte vom vierten bis zum zwölften Lebensjahr klassischen Klavierunterricht. Und dann ist mein Revoluzzertum ausgebrochen und ich wollte keine Noten mehr sehen. Ein Mitschüler am Internat war der erste, der Jazz spielte, von dem habe ich mir was zeigen lassen. Seitdem lese ich keine Noten mehr. Ich kann natürlich komponieren, und wenn ich noch Noten lesen könnte, könnte ich’s auch aufs Blatt.

Sind Sie nicht damals regelrecht gedrillt worden am Klavier und haben deshalb bis heute eine Abneigung gegen klassische Musik?

Doch, von meiner Mutter bin ich gedrillt worden, weil ich faul war und immer alles nur auswendig spielen wollte. Für den Drill bin ich ihr heute fast schon dankbar. Aber es ist nicht so, dass meine Musik nur aus dem Chaos heraus entsteht, ich habe ja die Vierjahreszeiten von Vivaldi gemacht für einen Film…

Da hieß es aber, Sie hätten sich erst mal sehr überwinden müssen!

Das habe ich dann auch, indem ich das Stück so oft angehört habe, bis ich die einzelnen Stimmen der Celli und Geigen heraushören und auf Blasinstrumente übertragen konnte. Eigentlich hat mir das sogar wahnsinnigen Spaß gemacht. Denn ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas kann – und weil ich merkte, dass der Vivaldi auch nur mit Wasser kocht.

Dann könnten Sie sich doch mal an härtere Kaliber wagen – Bach zum Beispiel…

Nein, das geht gar nicht! Ich bin nach wie vor ein ganz seltener Klassik-Hörer. Diese Musik verschafft mir immer noch ein mulmiges Gefühl, erinnert mich an Sonntagmittag im Internat und das zwangsweise Musikhören.

Ist denn frei fließende, improvisierte Musik generell besser als streng komponierte?

Streng komponierte Musik kommt ja meistens aus dem Kopf. Wenn ich zum Beispiel manche komplizierte Jazzstücke höre, die nicht ins Herz oder in den Bauch gehen, dann sage ich: Respekt vor der Leistung, aber mehr ist es nicht.

Oft sind ja die wildesten atonalen Experimente rein kopfgesteuert…

Genau! Ich habe Respekt vor jedem, der sich so etwas ausdenken kann. Aber gefallen tut es mir nicht. Wenn einer im Freejazz zeigt, wie viele Töne er pro Sekunde spielen kann, dann ist das eine Leistung. Aber hängen bleibt da bei mir nichts und wohlfühlen tu’ ich mich auch nicht dabei.

Also niemals Zappa oder Stockhausen mit Haindling?

Nein, meine Musik soll melodiös sein, Freude machen und einen gewissen Gesundheitscharakter haben.

Einen was?

Einen Gesundheitscharakter. Dass man sich nicht aufregt, dass man sich halt einfach wohlfühlt.

Also, wie man so schön sagt, positive Energie?

Jawoll. Es gibt den Unterschied zwischen Kompositionen für den Kopf – und für den Bauch. Übern Bauch geht es immer sofort in den Körper und tut gut.

Braucht ein Musiker nicht immer ein Mindestmaß an Disziplin – allein schon der Takt setzt ja einen Rahmen, an dem man nicht vorbeikommt.

Es braucht mindestens soviel Disziplin, dass das Lied stimmig wird. Man kann nicht einfach irgendwelche Soundfetzen am Computer zusammenschneiden. Ich habe übrigens gar keinen Computer, ich mache alles noch mit dem Mischpult. Und wenn ich einen Fehler mache, nehme ich's nochmal ganz von vorn auf, bei mir wird nichts nachträglich retuschiert. Gut, der Takt zwingt einen immer zu einer gewissen Disziplin, aber deshalb stört er mich ja oft. Ich frage mich dann: Warum immer alles im Takt? Manchmal spiele ich dann auch wirklich taktlos weiter, wenn die Stelle sich dafür eignet. Aber in 27 Jahren als professioneller Musiker, habe ich mich vom Takt leider noch nicht völlig frei machen könne.

Musik ist halt doch Physik: An ein paar Grundgesetzen kommt man nicht vorbei.

Schon der Erik Satie hat gesagt, dass das nur Physik ist. Oder Mathematik.

Nach sieben Jahren gibt es wieder ein neues Album – hat ganz schön lange gedauert.

Man arbeitet ja nicht nur sieben Jahre auf eine CD hin, ich mache zum Beispiel auch sehr viel Filmmusik, zuletzt für „Der Kaiser von Schexing“ von Franz Xaver Bogner.

War es schwer, sich noch einmal sich auf ein Album zu konzentrieren?

Nach so vielen Jahren als Musiker ist es nicht einfach, immer wieder die Texte aus sich herauszuholen. Man meint, man habe schon alles besungen. Aber dann sehe ich mich auf der Straße um, und schon finde ich wieder was. Nur das Ordnen und Arrangieren der Themen ist nicht so einfach.

Es sollen ja viele tausend Menschen auf dem Album zu hören sein?

Wir haben auf Tour mit dem Publikum gemeinsam ein langgezogenes A gesungen und aufgenommen. Das habe ich zu einem Riesenchor zusammengemischt: Mit 80 Städten sind das etwa 200 000 Menschen, die nun auf der Platte gemeinsam singen. Es gibt aber noch andere Nummern, auf denen das Publikum vorkommt.

Und Sie sind auch wieder Sprach-Kritiker.

Ja, ein Titel ist dem „O-käy“ gewidmet. Mir ist aufgefallen, dass immer mehr Leute ständig „O-käy“ sagen. Es klingt scheinbar so verständnisvoll und ist doch unpersönlich. Darauf wollte ich einfach mal aufmerksam machen.

Sie wirken immer noch unglaublich jugendlich. Wie machen Sie das?

Sich wachhalten ist wichtig. Aber das allein hilft nicht, es braucht auch die entsprechende innere Einstellung dazu. Ich komme mir wirklich immer noch total jung vor. Man muss daran glauben, dass das Leben immer völlig neu beginnt. Dann altert man nicht so schnell. Wenn ich in Pension ginge, würde mein Hirn abschalten, weil's glaubt: Der sitzt ja nur noch rum. Es muss immer was von vorn beginnen!

Sie haben eine Tochter. Was wollten Sie ihrem Kind fürs Leben eher mitgeben: Revoluzzertum oder Disziplin?

Meine Tochter ist bei ihrer Mutter aufgewachsen, und ist dann mit 16 ausgezogen. Sie hat ihr Leben selbst in die Hand genommen. Sie hat sich ein bisschen an mir orientiert, wir haben jetzt ein wunderbares Verhältnis. Sie spielt wunderbar Saxophon, hat Grafik studiert und ist jetzt Heilpraktikerin und Yogalehrerin mit eigenem Studio und eigener Praxis am Starnberger See.

Klingt sehr diszipliniert.

Schon, ja. Sie macht das alles selbstständig, ist sehr wissbegierig und sehr musikalisch. Auf der neuen Platte ist sie mit einem Lied drauf: „Wie die Wolken ziehen“.

In Ihrer Revoluzzer-Zeit waren politische Symbole wahnsinnig wichtig, wie auch politische Haltung, kritisches Hinterfragen. Vielen heutigen Jugendlichen ist das egal. Wie sehen Sie das?

Es kommt den Politikern natürlich sehr gelegen, dass die Jugend offenbar so desinteressiert ist. Denn dann können die Politiker machen was sie wollen.

Machen sie ja auch.

Aber ich kenne schon auch noch Jugendliche, die anders drauf sind, etwa beim Bund Naturschutz. Nur wenn ich heute Fernsehen und Werbung schaue, sehe ich ja, auf was unser Staat ausgerichtet ist: Konsum, Schönheit und Partymachen. Gerade bei diesen Castingshows wundert mich, dass da gezeigt wird, wie Jugendliche abgekanzelt werden. Das ist ein Zeichen unserer Zeit.

Das sind Unterwerfungs- und Disziplinierungsrituale!

Ja! Die Menschen werden gebrochen, durch solche Halbidioten in einer Jury. Ich finde das wirklich schlimm. Auch weil das ja dazu führt, dass das Publikum solche Rituale für etwas ganz Normales hält. Aber dass es eine wirkliche Erziehung zur Courage gäbe, dass Medien den jungen Menschen sagen: „Hey, ihr seid wer, lasst euch nicht so viel gefallen!“ – das gibt es immer weniger. So entsteht Duckmäusertum.

Im Vergleich dazu ist es ja geradezu subversiv, Frau Stoiber als Fan zu haben.

Ha, ja! Also, ich würde niemals so ein Casting mitmachen. Ich hab überhaupt noch nie an einem Wettbewerb teilgenommen. Wenn ich Tischtennis spiele, dann nur ohne Zählen. Ich halte sonst den Druck nicht aus. Ich möchte spielen, aber bitte ohne das Gewinnenmüssen. So sehe ich eigentlich mein ganzes Leben.

Seit einiger Zeit kursiert im Internet ein Konzertvideo von der Band Rammstein, über das jemand taktgenau ihren Song „Bayern“ gelegt hat. Es ist wirklich saukomisch, aber haben sie nicht schlucken müssen, als sie ihren ironischen Song so martialisch inszeniert wiederfanden?

Als ich das zum ersten Mal sah, fand ich das unglaublich: So gut gemacht und perfekt geschnitten. Ich fand’s lustig. Dann erfuhr ich, dass das vom Gruber Alex kommt, einem jungen Typen aus Niederbayern, der das zuhause am Computer einfach zusammengebastelt hat. Ich selbst schaue ja eigentlich nie ins Internet rein, ich kann das gar nicht. Aber als das Video über sechs Millionen Zugriffe hatte, hab ich dem Alex gesagt: „Du, jetzt mach mir bitte auch noch das Gegenstück, ein Haindling-Video mit Rammstein-Musik.“ Das hat er dann gemacht – und ich habe ihm später geholfen, dass er einen Platz an der Medienakademie Deggendorf bekommt. Aber ich bin ihm heute noch dankbar, dass er mich beim ersten Video nicht erst um Erlaubnis gefragt hat, sonst hätte ich vielleicht noch gesagt: „Ne, Rammstein, das muss wirklich nicht sein.“

Michael Grill

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