Wagnisse tun Wagner gut

Was sich in Bayreuth ändern muss: Mehr Karten, befristete Verträge und bessere Interpreten. Unsere Hausaufgaben-Liste für die Festspiel-Zukunft.
von  Abendzeitung

Was sich in Bayreuth ändern muss: Mehr Karten, befristete Verträge und bessere Interpreten. Unsere Hausaufgaben-Liste für die Festspiel-Zukunft.

Mehr Karten

Das schwierigste Problem, weil sich die Spielzeit nicht beliebig verlängern lässt. Im Graben verbringen Musiker aus großen deutschen Orchestern ihre Ferien. Anfang September beginnt jedoch in vielen Städten bereits die neue Spielzeit. Eine Verlängerung der Festspiele um eine Woche müsste trotzdem drin sein: Sieben Vorstellungen brächten 13 818 Karten mehr.

Befristete Verträge

Die endlose Nachfolge-Debatte hat ihre Ursache in Wolfgang Wagners Lebenszeit-Vertrag. Die neue Festspielleitung darf nur befristet amtieren – wie an jedem anderen Theater auch. Üblich sind fünf bis sieben Jahre. Dann wird Bilanz gezogen.

Sanierung der Finanzen

Im Etat klaffen gefährliche Löcher, obwohl die Sänger-Gagen nicht hoch sind. Bund und Freistaat müssen ihren Zuschuss moderat erhöhen. Sponsoren sind kaum eine Lösung: Dann werden die Karten noch knapper.

Erweiterung des Programms

Nike Wagners Kritik an der Musealisierung Bayreuths ist so falsch nicht. Wagners Jugendwerke könnten eine Nische finden, vielleicht auch Werke der Wagner-Nachfolge. Debussys „Pelléas et Mélisande“ wäre eines der wenigen Werke, zu dem das versenkte Orchester passt. Alle diese Ideen dürften an fehlenden Sälen scheitern. Außer dem Festspielhaus gibt es in Bayreuth nur noch das Markgräfliche Opernhaus und eine scheußliche Stadthalle. Mindestens an den Pausen-Tagen im „Ring“ sollten die Festspiele zukünftig jedoch eine Programm-Alternative anbieten. Dann wird man sehen, ob die Wagnerianer noch etwas anderes als der Meister interessiert.

Bessere Interpreten

Sich über Besetzungen zu wundern, gehört zum Bayreuther Sommervergnügen. Wagner-Dirigenten sind aber längst nicht so rar wie geeignete Sänger: Nichts gegen Christian Thielemann. Warum aber dirigieren Claudio Abbado, Riccardo Chailly, Christoph von Dohnanyi, Michael Gielen, Nikolaus Harnoncourt, Zubin Mehta, Ingo Metzmacher, Marc Minkowski, Kent Nagano und Simon Rattle nie in Bayreuth? Der Grüne Hügel ist die letzte Bastion, die von der historischen Aufführungspraxis unberührt ist. Das muss nicht ewig so bleiben: Roger Norrington hat vor Jahren eine interessante Wagner-Platte aufgenommen.

Mediale Öffnung

Wenn’s schon so schwer ist, ins Festspielhaus hineinzukommen, sollten mehr Aufführungen vom Fernsehen aufgezeichnet werden, damit alle sehen können, was mit ihrem Geld geschieht. Auch Kino-Übertragungen wie aus der New Yorker Met wären denkbar – der Karten- Nachfrage würde es gewiss nicht schaden.

Robert Braunmüller

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