Wagner und sonst nichts
Bitte keine Veränderungen: Hoffentlich bleibt Bayreuth auch nach Wolfgang Wagners Tod unverändert. Übertriebene Reformen würden den besonderen Geist des Orts nur vertreiben
Er war der letzte der Theaterpatriarchen, die ihr Reich vom Kammersänger bis zur Klofrau kannten. Wolfgang Wagners Nachfolge wurde nach zähem Ringen bereits zwar schon 2008 zugunsten seiner beiden Töchter entschieden. Dennoch: Mit Wolfgang Wagners Tod droht Bayreuth seine besondere Atmosphäre zu verlieren, die Spitzenkräfte anlockte und Spitzenleistungen hervorbrachte.
Die Festspiele sind seit Jahren in einer Zwickmühle: Die Nachfrage nach Karten ist ungebrochen. Neulinge müssen bis zu zehn Jahre warten. Mehr Aufführungen sind nicht möglich: Im Orchestergraben sitzen Musiker der besten deutschen Orchester, die für Wagner ihre Ferien opfern. Gleich nach Ende der Festspiele Ende August beginnt anderswo wieder die Saison.
Bitte keine Sponsoren!
Mit einem Etat von 16 Millionen Euro, der zu 40 Prozent staatlich bezuschusst wird, ist Bayreuth ein vergleichsweise billiges Theater. Aber es fehlt trotzdem an Geld. Weil Richard Wagner ein kostenloses Nationalfestspiel wollte, sind die Preise noch immer moderat. Die weitere Anwerbung von Sponsoren würde das Angebot weiter verknappen. Und der Feuerwehrfest-Charme mit Parkplätzen auf der grünen Wiese und Bratwurstdunst wäre dahin, wenn wie in Salzburg VIP-Karossen den Normalbesuchern den Weg versperren würden.
Nur bei der Eröffnung sind die Festspiele ein gesellschaftliches Ereignis. Ab dem zweiten Tag steht Wagner im Mittelpunkt: Fünf Stunden auf harten Stühlen zu schwitzen, setzt Liebe zur Sache voraus. Nirgendwo wird so wild und zugleich sachkundig gestritten. Den Reichen und Schönen bietet Salzburg mehr. Und auch die rustikale Gastronomie Frankens ist nicht nach jedermanns Geschmack.
Nicht jede Musik darf ins Festspielhaus hinein
Wegen der rituellen Wiederkehr der sieben kanonischen Werke des Meisters steht der Spielplan fürs nächste halbe Jahrzehnt bereits fest. Im Sommer 2015 eröffnet Christian Thielemann die Festspiele mit einem neuen „Tristan“. Davor werden der von der Alten Musik geprägte Dirigent Thomas Hengelbrock mit „Tannhäuser“ (2011) und der Regisseur Sebastian Nübling beim „Fliegenden Holländer“ für Diskussionsstoff sorgen.
Laut dem Testament des Komponisten-Sohnes Siegfried darf im Festspielhaus nur Wagner erklingen. Drunten in der Stadt gibt es ein barockes Opernhaus, aber sonst keine weiteren Spielstätten. Auch das setzt Reformen Grenzen. Und wer wollte schon Nono in Bayreuth hören?
Die von Katharina Wagner und ihrer Halbschwester Eva Wagner-Pasquier begonnenen Übertragungen ins Internet und auf einen Bayreuther Volksfestplatz werden die Aura des Besonderen kaum beschädigen. Bayreuth braucht keine Reformen, nur spannende Aufführungen. Am besten bleibt sonst alles, wie es ist.
Robert Braunmüller