Wagner ist nichts für Warmduscher

Wer „Oper für alle” am Sonntag bis zum Ende durchhält, gehört eigentlich nach Walhall
Christa Sigg |
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Am Ende wurde einem nochmal richtig warm. Da brannte das Feuer lichterloh, alles ging unter, so wie sich das für eine richtige „Götterdämmerung” gehört. Und mancher mochte seine eisigen Füße für ein paar aufregende Minuten vergessen haben – „Oper für alle” forderte am Sonntag echten Heldenmut. Die paar Dutzend eiserner Fans, die bis zum Schluss durchgehalten haben, waren im Geiste vermutlich längst nach Walhall eingekehrt...

Wagner ist nichts für Warmduscher, schon gar nicht, wenn man sich auf dem Max-Joseph-Platz eine Loge, also einen Quadratmeter mit guter Aussicht sichern will. Bei schönem Wetter muss man sein Refugium bereits Stunden vor dem Start verteidigen. Nur leider goss es schon um halb vier wie aus Kübeln. Da war das Einschwingen mit Nina Ruge angesetzt. Und Chapeau, die dauerlächelnde Moderatorin kannte kein Pardon. Mit Pumps, Flatterröckchen und Lederjacke stürzte sie sich kühn in die lückenhafte Isomatten- und Regenschirmmeute, plauderte locker über Schlafsäcke oder extradicke Strümpfe. Und hatte sich auch sonst gut eingelesen in den sperrigen Wagner-Kram.

Sehr viel weniger wurde beim Geprassel aus dem Defilee eleganter Roben. Der rote Teppich stand unter Wasser, wer wollte sich da schon den Fotografen stellen. Aber kurz nach fünf, mit den ersten Takten der Musik, schien Ruges Lieblingsparole doch noch zu greifen: alles wurde gut. Zumindest zeitweise. Beim Einsatz der Nornen strahlte zwischendurch sogar die Sonne. Und in der ersten Pause schmeckte auch einigen Smoking-Trägern die Pflanzelsemmel auf dem Platz.

Dann kamen die Stoiker wieder zum Zug, die Übertragung aus dem Nationaltheater hielt doch einige bei der Stange. Schließlich gab’s ein Top-Ensemble zum Nulltarif. Und das machte den Ohren Freude – Eric Halfvarson als perfider Hagen, der im Vergleich zur Premiere entspanntere Siegfried des Stephen Gould, die Gibichungen (Anna Gabler, Iain Paterson) und ein Zigaretten klauender Hartz-IV-Alberich (Wolfgang Koch). Doch über allen schwebte die unvergleichliche Nina Stemme. „Für den Schlussgesang dieser Brünnhilde hat sich alles gelohnt”, sagt eine bibbernde Besucherin. Da war’s dann schon viertel zwölf. Und damit lag auch hinter ihr Heroisches.

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