Wade Guyton: Wenn der Drucker die Bilder malt

Das Museum Brandhorst zeigt die neusten Werke von Wade Guyton, Der Bilder mit dem Drucker erschafft die wie Gemälde aussehen.
von  Karl H. Prestele
Wade Guyton, Untitled, 2016
Wade Guyton, Untitled, 2016 © Ron Amstutz © Wade Guyton

Berühmt geworden ist Wade Guyton (geb. 1972) mit "X" und "U", scheinbar gemalten Buchstaben, die er aber auf die Leinwände gedruckt hat. Diesem Prinzip, nämlich Bilder herzustellen, die wie Gemälde aussehen, in Wahrheit aber aus dem Drucker stammen, ist er auch in seiner neuesten Bilderserie aus den letzten beiden Jahren treu geblieben, die nun erstmals das Museum Brandhorst in ihrer ganzen Breite und Komplexität vorstellt – insgesamt 35 riesige Leinwandbilder, zwei Videoprojektionen und die Serie "Zeichnungen von Drama und Frühstück im Atelier", 120 Buchseiten aus Kunstkatalogen, die er digital bedruckt hat.

Neu an seiner bewährten Kunstproduktion (vor allem auf dem amerikanischen Kunstmarkt wird er inzwischen hoch gehandelt) ist aber, dass er das in seinen Arbeiten immer schon vorhandene Wechselspiel zwischen Malerei und Fotografie, zwischen analogen und digitalen Darstellungsweisen immer weiter vorantreibt und bis an seine Grenzen führt. Guyton traktiert seinen Drucker, konfrontiert ihn mit Befehlen, die seine Leistungsgrenzen übersteigen, und speist ihn mit Daten, die er beinahe nicht verarbeiten kann.

So entstehen Überschneidungen und maschinelle Fehler, die zwar ungeplant sind, aber dennoch vom Künstler kontrolliert werden: Während des Druckvorgangs steht er neben dem Gerät und passt auf, dass die Leinwand nicht verrutscht und die Farben druckfeucht bleiben.

Für die Motive ist ihm alles bildwürdig: Handy-Schnappschüsse aus seinem New Yorker Atelier, Screenshots von Internetseiten (wie etwa der "New York Times" oder Werbeseiten für Möbel und Musicals), Aufnahmen der Skyline von New York genauso wie die Bretter des Atelierfußbodens, aber auch Zooms in die Bitmap-Dateien digitaler Bilder, die abstrakte Muster ergeben.

Diese im Drucker entstandenen Werke vergrößert er ins Riesenhafte, auf das monumentale Format der traditionellen Historienmalerei. Will er solche Bilder also als aktuelle Visualisierungen unserer Welt und Zeit verstanden wissen, als Kommentar zur inflationären Bilderflut von heute?

Die Frage muss offen bleiben, obwohl Guyton (noch ohne Computer im amerikanischen Bundesstaat Tennessee aufgewachsen) sich so konsequent wie kaum ein anderer Künstler mit den neuen Bildmedien auseinandersetzt. Alle seine Bildmotive stammen aus der digitalen Technik, während er mit der Leinwand noch einen herkömmlichen Bildträger benutzt. Aber genau dieser Anachronismus macht den Reiz seiner Arbeiten aus. Anstelle des Künstlers arbeiten hier aber die Drucker bis zur Verausgabung oder bis zum Absturz.

Folgerichtig steht auch ein Drucker in der Mitte seines Ateliers – und nicht mehr die Staffelei mit Leinwand, Pinsel und Farben. Die künstlerische Arbeit von Wade Guyton ist annähernd vergleichbar mit der eines DJs: Dieser musiziert nicht mehr selber, vielmehr ist die Auswahl und Reihenfolge der Musikstücke das Kunstvolle daran.


Bis 30. April im Museum Brandhorst: neueste Arbeiten von Wade Guyton

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