Von der Lust einen Anzug zu tragen
Blitzlichtgewitter, Autogrammjäger, hochkarätige Stars: Der traditionelle Lunch der Oscar-Nominierten am Montag im Beverly Hilton Hotel war eine muntere Abwechslung im streikmüden Hollywood.
„Wie schön, mal wieder einen Anzug zu tragen“, strahlte George Clooney am roten Teppich. Für seinen Auftritt in „Michael Clayton“ könnte er am 24. Februar seinen ersten Oscar als Hauptdarsteller gewinnen.
Keine Streikposten der Drehbuchautoren in Sicht, die den knapp 120 Oscar-Anwärtern den Appetit auf das Promi-Mittagessen verderben konnten. Lässig-locker ist gewöhnlich das Motto des Empfangs, bei dem Schauspieler, Kameraleute, Produzenten, Make-Up-Künstler, Komponisten und Regisseure sich miteinander auf das Ereignis einstimmen. Der exzentrische Künstler und Regisseur Julian Schnabel, für „Schmetterling und Taucherglocke“ nominiert, flanierte in lila Pyjamas. Die 20-jährige Ellen Page, Star der Komödie „Juno“, witzelte vor Reportern über ihr „selbstgenähtes“ Ringelkleid.
Es gab auch ernste Antworten auf Fragen zu dem drei Monate alten Arbeitskampf der Drehbuchautoren, der auch die Oscar- Gala gefährdet. „Ich habe noch nie eine Streikpostenkette übertreten und werde das auch nie tun“, betonte Clooney. Am Wochenende gab es erstmals seit Dezember Fortschritte in dem zähen Ringen mit der Aussicht auf einen Deal vor der Oscar- Gala. Hollywood steckt der Schock in den Knochen von der geplatzten Golden-Globe-Verleihung Mitte Januar.
Seit Wochen wird an Notlösung gebastelt
Hinter den Kulissen wird seit Wochen an einer Notlösung gebastelt. „Es gibt genügend Filmclips in 80 Jahren Oscar-Geschichte für eine sehr unterhaltsame Show“, sagte Oscar-Gala-Produzent Gil Cates der „Los Angeles Times“. Tony Gilroy, der in diesem Jahr für zwei Oscars nominiert ist – Drehbuch und Regie von „Michael Clayton“ – zeigte sich nachdenklich: „Wenn man bedenkt, wieviel Schaden die Wirtschaft genommen hat, wie viele Menschen ihre Lebensgrundlage verloren haben, dann ist es gar nicht mehr so wichtig, ob ich im feinen Anzug auf eine Party gehen kann.“ Barbara Munker