Vielleicht wird Pastell bald in Öl verwandelt

Positiv denken hilft und ist in Bayreuth ein probates Mittel. Um die Inszenierung der ersten beiden „Ring“-Abende zu überstehen, darf man sich entspannt berieseln lassen und dabei die Augen schließen.
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Positiv denken hilft und ist in Bayreuth ein probates Mittel. Um die Inszenierung der ersten beiden „Ring“-Abende zu überstehen, darf man sich entspannt berieseln lassen und dabei die Augen schließen.

Positiv denken hilft. Und ist in Bayreuth ein probates Mittel, den „Ring“ zu überstehen: Man darf sich entspannt berieseln lassen. Kein Herheim fordert das Hirn. Um sich auf die guten Gedanken noch besser konzentrieren zu können, empfiehlt es sich, die Augen zu schließen.

Dabei hat die Inszenierung Tankred Dorsts ein paar attraktive Bilder im Aufgebot (Bühne: Frank Philipp Schlößmann). An ihnen mögen sich regietheatergepeinigte Gemüter delektieren. Doch das war’s dann auch schon. Mehr ist im valiumgebremsten Zoo-Hospitalismus der Götter-Crew und ihrer Heldensippschaft kaum drin.

Dass es auch anders geht, führen ausgerechnet die Tragikomiker aus der zweiten Reihe vor: Loge und Mime alias Arnold Bezuyen und Gerhard Siegel stülpen ihre Nürnberger „Ring“-Erfahrung über die Dorstsche Verweigerung. Das bringt stellenweise Drive ins dröge „Rheingold“.

Griff zur Pastell-Palette

Denn auch der Matador am Pult ging die Sache dezent an. Christian Thielemann griff zur Pastell-Palette, um für die Rest-Tetralogie Steigerungen offen zu lassen. Das ist schlüssig, wenn man das „Rheingold“ als feines Kammerspiel sieht. Wenigstens im Groll der Riesen oder beim Marsch der Götter ins neue Heim hätten Phon- und Farbstärken intensiver sein dürfen.

Marginalien sind das allerdings, denn ohne diesen Graben wäre Dorsts Wagnerei ein einziges Desaster. Und in der „Walküre“ ging’s ja durchaus zur Sache. Das dämonisch-böse Hunding-Drohen lag neben einem warm leuchtenden Wonnemond, der Feuerzauber prickelte auf der Haut - wenn man ignorierte, dass da ein müder Wotan von der Lieblingstochter Abschied nahm.

Keine ideale Brünnhilde

Schon im Walkürengewusel hatte Albert Dohmen Mühe, göttlichen Zorn aufzubringen. Dafür steigerte sich Linda Watson sogar im Vergleich zum Vorjahr. Eine ideale Brünnhilde ist sie nach wie vor nicht, doch für eine Hochdramatische findet sie zu einnehmend lyrischen Tönen.

Sieht man von Kwangchul Youn und Hans-Peter König als Riesen oder der neuen Sieglinde ab, war der Rest allenfalls passabel. Michelle Breedt setzt ihrem lustlosen Gatten eintönige Fricka-Rage entgegen. Nur Edith Haller mischt mit frischem Sopran die blasse Lichtalben-Runde auf.

Und das hohe Wälsungen-Paar? Stolpert hilflos durch den Liebesrausch. Mit Leidenschaft und farbenreicher Sopranpower bietet Eva-Maria Westbroek dem Blechgetön Endrik Wottrichs Paroli. Fragt sich also, wie lange der muskelbepackte Gesangsprofessor aus Würzburg noch zugemutet wird. Wo doch die Rettung aus der Luft langsam greifen könnte. Da hilft dann wieder positiv denken: Im nächsten Jahr müssen zumindest diese Karten neu gemischt werden.

Christa Sigg

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