Viele Köche, wenig Brei
Joss Whedon muss sich bei „Marvel’s The Avengers” gefühlt haben wie ein verzweifelter Klassenlehrer: Vor ihm sitzt ein halbes Dutzend wissbegieriger Pennäler, ausgestattet mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten und riesigen Egos – und alle melden sich gleichzeitig. Was also tun, wenn sich jeder Comic-Kindskopf an der Projektarbeit – die Bekämpfung des Oberschurken Loki – beteiligen will, aber die Zeit eng begrenzt ist?
Whedon, bekannt geworden als Serien-Maestro („Buffy”, „Firefly”), geht am Ende den Weg des geringsten Widerstands. Alle Helden bekommen genügend Raum zur Entfaltung. Vielleicht sogar etwas zu viel. Denn fast zwei Stunden dauert es, bis Iron Man, Hulk, Thor, Captain America, Hawkeye und Black Widow in einem gigantischen Showdown endlich gemeinsam zur Pausenhof-Klopperei in New York antreten dürfen. Warum die rekordverdächtige Exposition dennoch niemand vergrätzen wird, liegt an der Vielschichtigkeit der Marvel-Figuren und der Armada an spielfreudigen Superstars.
Robert Downey Jr. darf als Iron Man wieder seine scharfe Zunge beweisen und eckt damit im erzwungenen Teamplay an. Besonders Captain America, dem ersten und ödesten „Avenger”, sind die zynischen Sprüche der erfinderischen Intelligenzbestie ein Dorn im Auge. Die beiden kriegen sich nicht nur einmal in die Haare. Physischer fallen aber die Auseinandersetzungen mit Thor aus. Der Donnergott lebt völlig in seiner eigenen Welt und hat noch eine persönliche Rechnung mit Loki offen.
Der ist als Bösewicht dank einer Alientruppe doch nicht ganz auf sich alleine gestellt und will den Menschen endlich die „Fesseln der Freiheit” nehmen. Ein Gedanke, der ausgerechnet in Stuttgart ad absurdum geführt wird. Während Loki eine Gruppe von Menschen auffordert, vor ihm, dem neuen Führer, zu knieen, steht ein älterer Herr mit dem Hinweis auf, so etwas Schreckliches schon einmal erlebt zu haben.
Diese hintergründig-dramatische Szene bleibt aber die Ausnahme. Im Vordergrund steht der Spaßfaktor. Dazu tragen auch die sexy-selbstbewusste Scarlett Johansson und Mark Ruffalo als Hulk bei. Whedon ist es gelungen, dem grünen Wutbürger die Lächerlichkeit zu nehmen. Charakterdarsteller Ruffalo zeichnet Bruce Banner als zurückhaltenden Wissenschaftler, der endlich seine Emotionen kontrollieren will – bevor er im Showdown doch grün sieht, und auch die besten Witze auf seiner Seite hat. Und was lernen wir daraus? Unterschätze nie den unscheinbarsten Mitschüler.
Kino: Cinema (OV), CinemaxX, Leopold, Mathäser, Museum Lichtspiele (OV), Royal
R: Joss Whedon (USA, 142 Min.)
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