Viele Blicke auf den Walchensee

Selbstporträts und Landschaften von Lovis Corinth im Kocheler Franz-Marc-Museum
von  Abendzeitung

Selbstporträts und Landschaften von Lovis Corinth im Kocheler Franz-Marc-Museum

Das „Blaue Land“ war nicht nur für Franz Marc Rückzugsort und Inspirationsquelle. Gabriele Münter und Kandinsky liebten die Murnauer Voralpenlandschaft zwischen Moor und Moräne, Seen und Bergen; und auch Lovis Corinth (1858 – 1925) ließ sich von der Schönheit des Walchensees begeistern – auch wenn sein künstlerisches Naturell in starkem Kontrast zu dem der „Blauen Reiter“-Mitglieder stand.

Das Franz-Marc-Museum in Kochel zeigt ab Sonntag 23 von Corinths Selbstporträts und Landschaften. Der geborene Ostpreuße vollzog in seiner Malerei wie kein Zweiter den Weg vom Impressionismus zum Expressionismus. Er hatte u.a. an der Münchner Akademie bei Defregger studiert, zog später nach Berlin, wo er kurzzeitig Präsident der Secession war. Seine deutschnationale Gesinnung („Wir wollen der Welt zeigen, dass heute deutsche Kunst an der Spitze der Welt marschiert“, tönte er 1914) wirkt heute allerdings befremdlich. Die Nazis haben ihn später trotzdem als „entartet“ diffamiert.

Der Krieg, an dem er selbst nicht teilnahm, war in den folgenden Jahren sein Hauptthema – allerdings keineswegs heroisch überhöht. Nach dem Ersten Weltkrieg ließ er sich ein Haus in Urfeld oberhalb des Walchensees errichten, in das er mit seiner Frau 1919 einzog. Hier entstand das Alterswerk, mit dem Corinth auch finanziell erfolgreicher war als mit der altdeutschen Drastik seiner Menschenbilder. In den folgenden Jahren bis zu seinem Tod hielt Corinth immer wieder den Blick auf den Walchensee und die Berge fest. Die verschiedenen Jahreszeiten und Lichtstimmungen werden in seinen vom kräftigen, kratzigen Pinselstrich geprägten Gemälden plastisch und erreichen höchste Ausdruckskraft.

Hier offenbart sich der Kraftmensch Corinth als sensibler Beobachter der Natur: Das Gemälde „Neuschnee“ etwa von 1922 erzeugt in seinen Grün- und Rosatönen eine flirrend unruhige Föhnstimmung. „Ostern“ aus demselben Jahr in Weiß- und Blautönen strahlt zwar noch die Klarheit eines kalten Wintertages aus, trägt aber zugleich die Verheißung des beginnenden Frühlings in sich. In „Die Mondnacht“ von 1924 wiederum sind See und Himmel fast bis zur Unkenntlichkeit in Farbschlieren aufgelöst.

rri

Franz-Marc-Museum, Kochel, 8.2. bis 19. April, Di – So 10 bis 17, ab April bis 18 Uhr

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