Verbotener Qualm
Die Golden Globes als Society-Ereignis: Scarlett kommt mit Neuem und geht Sandra Bullock aus dem Weg. Robert De Niro bekommt den Ehrenpreis und distanziert sich von seiner letzten Komödie
Einen „Golden Globe“ hätte zu guter Letzt auch noch Harvey Weinstein verdient, der Produzent mit der Nase für Erfolgsfilme. Der Haudegen arrangierte im „210“, wo früher das „Trader Vic’s“ florierte, die beste After-Show-Party der „68th Golden Globe“ im Beverly Hilton Hotel. Zum Fest erschien Superstar Michael Douglas, der sein Krebsleiden wundersam wegstecken konnte.
Er war der Überraschungsgast. Bis zuletzt blieb es unklar, ob Michael überhaupt auftreten könnte. Als Sohn von Kirk scheint er die richtigen Gene zu haben. Es sah blendend aus, als er den Globe für den besten Film überreichte. Kaum auf der Bühne, ehrte ihn das Publikum mit stehenden Ovationen. Für einen Moment blickte Michael verlegen. Wie Starregisseur Steven Spielberg trug Douglas übrigens keinen Smoking, sondern einen schwarzen Anzug mit schwarzer Krawatte: eine Offensive für neuen Festanzug-Look. Obwohl man Douglas auf vielen Partys, zum Beispiel bei Warner, erwartet hatte, gaben er und seine atemberaubende Frau Catherine Zeta Jones in nachtblauer Robe nur Harvey die Ehre. Hand in Hand schlenderten sie durch die Räume und wurden wie ein Königspaar hofiert. Mit Ausnahme von Gesellschafts-Cowboy Jack Nicholson befand sich ganz Hollywood hier. Das Hilton war für vier Stunden das Nest der Schönsten der Welt. Man sah diesmal nur klassische Roben (meist grün), kein geschmackliches Vergehen. Nur bei Christina Aguilera war man beim ersten Hinsehen geschockt. Ihr langes Burlesque-Abendkleid war fleischfarben, was sie nackt aussehen ließ, nur von schwarzen Stickereien übersät. Bei Fotomodel Heidi Klum, mit ihrem Mann Seal (offenes Hemd) erschienen, wirkten die orangefarbenen Muster ihrer Robe wie ein Productplacement von Auto-Sixt.
Die Zivilisation macht Fortschritte
Die beiden Leinwandgrazien Sandra Bullock und Scarlett Johansson hatten gute Gründe, sich aus dem Weg zu gehen, was gelang. Der knallharte Partnerwechsel vor kurzem war an die Nerven gegangen. Scarlett, mit hochgesteckter Frisur und in einem Elie-Saab-Kleid, in dem sie wie eine gute Fee wirkte, scheint darüber hinweg zu sein. An ihrer rechten Hand hielt sie ihre „Trophäe“. Sandra Bullock war übrigens – nicht mit Johanssons-Exmann Ryan Reynolds – allein gekommen. Ihre Miene war ernst und sie spähte unter ihrem bis knapp über den Augen geschnittenen Pony kritisch in die Runde wie ein Soldat auf der Pirsch.
Hand in Hand spazierten Nicole Kidman und ihr Mann Keith Urban durchs Globe-Getümmel, gefolgt von Tom Hanks, Halle Berry, Warren Beatty, Kevin Spacey und Jane Fonda sowie dem Göttergeschöpf „Mega“ Fox, natürlich in Begleitung eines Herrn, der aber noch keine Rolle bei ihr spielt. Brad Pitt, händchenhaltend mit Angelina, was sonst, zeigte sich erstmals wieder zivilisiert. Die langen Haare sind weg wie der Räuberbart, das Gesicht durch eine Sonnenbrille geschützt. Ein Schnurrbart zählt jetzt zu den Accessoires, wie auch eine heimliche Zigarette.
Als emanzipierter Gentleman beglückwünschte Robert De Niro seine schwangere Kollegin Natalie Portman, eine schöne Helena in ihrer griechischen Robe. Robert zählte selbst auch zu den Golden-Globe-Geehrten. Er bekam die Trophäe für sein Lebenswerk, was ihm gar nicht recht war. „Wenn die meinen neuen Film gesehen hätten,wäre ich noch lange nicht fällig gewesen.“
Michael Graeter