Unter Helden: U2 rockt das Oly
MÜNCHEN - Das ist noch die gleiche Power, die gleiche Wucht und Wut. U2 zeigten, dass es möglich ist, besonders großen Gigantismus zu betreiben, und gleichzeitig Musik und Show effektvoll auf ihren Kern zu reduzieren.
Es war ein erhebender Moment um 20.45 Uhr. Die beiden durchs Stadion kreisenden La-Ola-Wellen begannen gerade, gegeneinander zu laufen, da kamen U2 durchs Marathon-Tor, als wären sie gerade auf einem zufälligen Spaziergang durch den Olympiapark. In aller Gemütsruhe gingen sie auf die Bühne und begannen bei vollem Flutlicht mit dem Bluesrock von „Return of the Stingray Guitar“. Dann aus mit dem Licht und los mit dem ersten Hit „Beautiful Day“. Ja, das war es.
Mehr als 70.000 Menschen erlebten einen wunderbaren Abend, sogar mit anfangs trockenem Open-Air-Himmel. An Nummer 3 setzten U2 den Uralt-Klassiker „I will follow“ aus den frühen 80ern. Wer schon damals dabeigewesen ist, muss zugestehen: Das ist noch die gleiche Power, die gleiche Wucht und Wut. Überhaupt kamen viele Songs wie skelettiert daher: Das rohe Bein, der harte Rock – wie bei „Elevation“ oder „Magnificent“.
Die Riesenbühne ist imposant, aber nicht so riesig wie gedacht. Das Spiel mit Licht und Video – geschickt, prägnant und effektvoll. Die Frage wäre allerdings, warum die 360-Grad-Bühne nicht in der Mitte der Arena platziert wurde, sondern etwa dort vor der Nordkurve, wo sie sonst auch immer steht. Da verschwendete die Band doch einige ihrer technischen Möglichkeiten. Aber egal: Die Begeisterung war besonders groß bei „Where The Streets Have No Name“ und „Sunday Bloody Sunday.“
Bono vergaß natürlich nicht, wo er war: Er dankte den wahren Helden – den Ärzten und Pflegern in München, die ihn bei der OP im Mai gerettet hätten. Und kokettierte mit seinem Alter: Die Band insgesamt sei älter als das Oktoberfest.
U2 zeigten an diesem Abend, dass es möglich ist, besonders großen Gigantismus zu betreiben, und gleichzeitig Musik und Show effektvoll auf ihren Kern zu reduzieren.
Michael Grill