Umweltfreundlicher Tod?
Für die wissenschaftsbegeisterten Kleinen setzt er bei einer Vorlesung der Kinder-Uni schon einmal einen Adventkranz in Brand und löscht ihn mit seinem alten Sakko. Bei einer Faschingsvorlesung des Professors wären vor drei Jahren fast zwei Finger einer Mitarbeiterin draufgegangen. Und er selbst trägt seit einem Laborunfall ein Hörgerät.
Thomas Klapötke ähnelt ein wenig Stanley Kubricks Filmfigur „Dr. Seltsam“: Er ist ein weltweit führender Experte für Sprengstoffe. Nach Recherchen der „SZ“ und des Norddeutschen Rundfunks hat der Lehrstuhlinhaber für Anorganische Chemie an der Ludwig-Maximilians-Universität 2012 vom Pentagon rund 470 000 Dollar erhalten. Das bestätigt die Uni. Im Auftrag des US-Militärs sollte er den giftigen Sprengstoff Hexogen etwas ökologischer machen – und eine Art „Grüner Bombe“ entwickeln.
Neun Millionen Euro flossen laut „SZ“ und NDR seit 2010 aus dem aus dem US-Verteidigungsetat zu deutschen Hochschulen. An die große Glocke mag das keine Uni hängen, da vor allem in naturwissenschaftlichen Fächern die Einwerbung von Drittmitteln im Ruf steht, undurchsichtige Abhängigkeiten von der Industrie zu befördern.
Klapötkes Institut geht mit der Förderung durch das Pentagon transparent um: Auf der Homepage ist zu lesen, dass die dortige Forschung vom U.S. Army Research Lab, dem Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung sowie der chemischen Industrie unterstützt wurde. Der Professor hat in Interviews ausgeführt, dass Armeen die beste Ausrüstung verdienen und moderne Kriege eine gesteigerte Zielgenauigkeit erfordern: nur tödlich für den Feind, aber möglichst unschädlich für die eigenen Leute.
Man muss nicht unbedingt Kriegsdienstverweigerer sein, um die Idee einer „Grünen Bombe“ anrüchig zu finden. Auch Klapötkes Instituts-Motto „Science for Knowledge and Peace“ („Wissenschaft im Dienst der Erkenntnis und des Friedens“), hat Pazifisten schon provoziert.
Wehrtechnik hat in Deutschland aus historischen Gründen keinen guten Ruf, obwohl die Industrie damit gute Geschäfte macht. Allerdings haben sich nur 14 von insgesamt 400 deutschen Hochschulen dazu verpflichtet, auf Forschung zu verzichten, die für militärische Zwecke benutzt werden könnte.
An keiner bayerischen Universität gilt eine solche Zivilklausel. Sie wird von vielen Wissenschaftlern als Eingriff in die vom Grundgesetz geschützte Freiheit von Forschung und Lehre abgelehnt. Denn Grenzen zur Gängelung sind schwer zu ziehen: Wer wie die Frankfurter Uni mit Unterstützung der Amerikaner Erdbeben im Iran erforscht, kann natürlich auch heimlichen Atombombentests auf die Schliche kommen.
Bayerischen Unis ist die Einwerbung von Mitteln beim Pentagon nicht verboten. Sie wird, wie das Wissenschaftsministerium auf Anfrage mit ganz leichtem Unbehagen mitteilt, „weder gefördert, noch gefordert“. Eine Meldepflicht bestehe nicht, lediglich der gesetzliche Rahmen des Kriegswaffen-Kontrollgesetzes und vergleichbarer Regelungen müsse eingehalten werden.
Die Landtags-SPD wollte sich nicht zu einer Stellungnahme durchringen. Verena Osgyan, die hochschulpolitische Sprecherin der Grünen, verlangt allerdings eine Zivilklausel in den Satzungen aller bayerischer Hochschulen. Und sie verweist auf das Grundproblem: „Wir brauchen eine bessere, langfristig angelegte Grundfinanzierung der Hochschulen, zu der auch der Bund seinen Teil beitragen muss“, so Osgyan. „Dann bleibt Forschung unabhängig und wird nicht zur Ko-Finanzierung der Hochschulen zweckentfremdet.“