Um Himmels Willen!

Deutsches Theater: Bernd Strombergers „In Nomine Patris“ im Fröttmaninger Zelt
von  Abendzeitung

Deutsches Theater: Bernd Strombergers „In Nomine Patris“ im Fröttmaninger Zelt

Als der Brautstrauß der abtrünnigen Novizin in den Händen ihrer Mutter Oberin landete, spendete der Prälat auf dem Nebenplatz spontan Beifall. Immerhin befand er sich selbst in der Begleitung einer gut aussehenden Dame, die nicht wie seine Pfarrersköchin aussah.

„In Nomine Patris“ handelt von einem Papst Anastasius, der nach seiner Wahl mit der Frucht seiner Jugendliebe konfrontiert wird. Bernd Stromberger hat neben dem uralten Konflikt zwischen Pflicht und Neigung in sein Musical alles hineingepackt, was ihm zur Kirche und sonst noch einfiel: Vatikanischer Pomp, Gutmenschentum, die Weltformel und einen irre auflachenden Mediziner, der im päpstlichen Auftrag den Heiland aus an der Dornenkrone klebenden Hautresten zu klonen versucht, wobei die Tochter des Papstes als heimliche Leihmutter missbraucht wird und sich vor Entsetzen aus dem Fenster stürzt.

Gestärkte Servietten

Im Eifer des Gefechts verheddern und versickern in dieser klerikalkritischen Räuberpistole ein paar Handlungs-Stränge. Nach einer recht vorhersehbaren Schürzung des dramatischen Knotens erscheint der Gekreuzigte im päpstlichen Lotterbett und zeigt seinen athletischen Körper, ehe er sich zuletzt als Satan erweist. Der geistliche Herr lachte herzlich über die unfreiwillige Komik dieser und anderer Wendungen. Er schmunzelte, als der Herr wie in einem Don-Camillo-Film zum Heiligen Vater sprach. Von kirchlichen Protesten sollte sich demnach das Theater keine Reklame erwarten.

Der Musik Strombergers fehlt ein roter Faden: Der Titelsong wird vor dem Finale nie angespielt. Seine gerappte Kirchenkritik erinnert verdächtig an Falcos „Rock Me Amadeus“. Dean Welterlen könnte als Wiedergeburt des eleganten Pius XII. durchgehen, wenn er noch eine runde Brille aufsetzen würde. Als Anastasius ergeht er sich in opernhaften Selbstzweifeln. Jasmina Sakr verkörpert seine weltverbesserische Tochter angemessen gefühlig. Übrigens scheint die heiße Frage der weiblichen Ordination bei der anfänglichen Papstwahl bereits gelöst, bis sich herausstellt, dass nur aus musikalischen Gründen auch Frauen in den an gestärkte Stoffservietten gemahnenden Bischofskostümen stecken.

Ein Risko eingegangen, aber gescheitert

Immerhin: Statt den x-ten Filmstoff nach bewährtem Rezept mit ein paar Songs zu überschütten, hat Stromberger etwas riskiert. Aber leider hat er nicht mehr zu sagen, als dass der Mensch die Botschaft seines Herzens vernehmen möge. Das ist für einen Abend intellektuell etwas sparsam.

Das Auge des erwähnten Prälaten ruhte mit Wohlgefallen auf den fetzigen Tanzszenen der Inszenierung von Hansjörg Hack. Die finale Kirchenkritik nahm er mit verschränkten Armen zur Kenntnis, um, wie zuletzt das übrige Premierenpublikum, den Darstellern kurz enthusiastisch zuzuklatschen und den Autor gar nicht erst zu bemerken.

Robert Braunmüller

Bis 16. November täglich ausser montags, Karten unter Tel. 55 23 44 44 oder www.deutsches-theater.de

"Zölibat ist kein Dogma"

Der Künstlerseelsorger der Erzdiözese München und Freising über „In Nomine Patris“

AZ: Pater Roers, wie fanden Sie das Musical?

GEORG MARIA ROERS, S.J.: Der erst Teil war eine Mischung aus „Sister Act“, „Dornenvögel“ und Liebesszenen wie bei Rosamunde Pilcher. Wer Musical-Musik und Tanzszenen mag, wird gut bedient.

Trotzdem sind Sie vor dem Schlussapplaus gegangen.

Ich habe mich über die geballte Kirchenkritik im Titelsong geärgert. Sie war platt und klischeehaft. Alles, was da im Stil der Forderungen von „Kirche von unten“ zusammengetragen wurde, ist außerdem nicht neu. Bernd Stromberger glaubt, in fünf Minuten die Kirche reformieren zu können. Wir arbeiten seit Jahrhunderten daran, und ich halte das für eine erhebliche Kulturleistung.

Ohne Klischees funktioniert das Genre nun einmal kaum.

Ihr Metier, der Journalismus, kommt auch nicht besonders gut weg, Der Konflikt zwischen dem Wissenschaftler mit der Weltformel und dem Heiligen Vater als Hüter des Geheimnisses Gottes wäre ein interessantes Thema. Aber es wird nicht konsequent durchgezogen. Dabei halte ich das Genre Musical für ernste Themen tauglich: „Jesus Christ Superstar“ gefällt mir gut.

Stört Sie, dass der Papst eine Tochter hat?

Es gab in der Kirchengeschichte Päpste, die sogar ihre Kinder im Vatikan getauft haben. Damals waren sie aber Renaissance-Fürsten. Das ist jedoch eine Weile her. Heute sind sie geistliche Oberhäupter und verhalten sich anders.

Der Konflikt zwischen Begehren und Berufung treibt die Kirche um.

Das stimmt, aber das Zölibat ist kein Dogma für die Ewigkeit. Das hat Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, bei seinem Amtsantritt verkündet. Aber eine seriöse Diskussion, wie wir sie innerhalb der Kirche führen, will Stromberger nicht. Ich kann auch versichern, dass eine echte Papstwahl viel spannender abläuft als in diesem Musical.

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