Übermüdungserscheinungen irgendwo in Afrika

120 Konzerte in gut einem halben Jahr: Deshalb war Vampire Weekend in der Tonhalle auch ein bisschen müde
von  Abendzeitung

120 Konzerte in gut einem halben Jahr: Deshalb war Vampire Weekend in der Tonhalle auch ein bisschen müde

Blass sind sie, in der Regel scheuen sie das Tageslicht und meistens wirken sie auch ein wenig träge. Aber wenigstens bleibt den Vampiren, so der Mythos, ja noch die Unsterblichkeit.

Rostam Batmanglij, Keyboarder der schwer angesagten Indie-Rocker Vampire Weekend, versucht in der übervollen und völlig überhitzten Tonhalle allen Blutsauger-Vorurteilen gerecht zu werden – nur bei der Pop-Unsterblichkeit muss er sich noch anstrengen. Wie zur Salzsäule erstarrt steht der 26-Jährige über seinem Musikinstrument, die Augen scheinen jede Sekunde zuzufallen.

Woran liegt diese Schlafmützigkeit, die auch die anderen Band-Vampire selbst bei energiegeladenen Stücken wie „A-Punk“ einfach nicht abschütteln können? Vielleicht an den über 120 Konzerten, die Frontmann Ezra Koenig und seine New Yorker Spielkameraden im letzten halben Jahr bereits in den Knochen haben. Immerhin reißen die Mittzwanziger 70 Minuten routiniert ihr 19-Song-Set herunter. Publikumskontakt, außer beim „One (Blake's Got A New Face)“-Mitsingspiel Fehlanzeige.

Der rätselhafte Bühnenprospekt, eine Art Sternenkarten-Halbkreis mit Textfragmenten aus „White Sky“ ist schlicht, die Lichtshow auf die Drumschläge abgestimmt. Kurz werden die großartig-vertrackten, aber dennoch melodisch-tanzbaren Songs wie „Cape Cod Kwassa Kwassa“ angespielt. Der starke African-Beat-Einschlag bleibt stets präsent und Koenig orientiert sich stimmlich gekonnt an Paul Simons legendärem Softie-Singsang.

Bei sich scheinen die Indiehipster nur bei „Taxi Cab“ zu sein. Im dunklen Blaulicht, den scheppernden Sound völlig heruntergetunt, bringt das Spieluhr-Schlaflied jetzt die aufgedrehten Fans kurz auf die „richtige“ Vampirbetriebstemperatur. Florian Koch

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