Überdruck im „Wonnekessel“
„Luxus und Dekadenz – römisches Leben am Golf von Neapel“ in der Archäologie-Sammlung
Der Untergang von Pompeij und Herculaneum durch den Ausbruch des Vesus im Jahr 79 nach Jesus Christus wurde in der Literatur immer wieder fast als alttestamentarische Strafe für die Ausschweifungen der alten Römer interpretiert. Doch der auf brutaler Sklavenausbeutung basierende, sagenhafte Reichtum und „lucullische“ Genusssucht einer vergleichsweise winzigen Oberschicht (ein Prozent der Bevölkerung) – die den Sommer bevorzugt im „Wonnekessel“ zwischen Vulkan und Meer verbrachte – war stets Mahnung und Faszinosum zugleich.
Dass das diabolische Schillern der Kaiserzeit das Publikum anzieht, darauf setzt nun die Archäologische Staatssammlung mit einer Ausstellung, die bereits an drei Stationen in Deutschland und Holland 350000 Besucher anlockte. 2006 führte eine opulente Schau die letzten Tage von Herculaneum vor Augen; jetzt widmet man sich unter dem Titel „Luxus und Dekadenz“ dem römischen Leben am Golf von Neapel vor der Katastrophe.
Neuer Reichtum bleibt sich gleich
Die gute Zusammenarbeit mit Neapels Archäologischem Nationalmuseum vor drei Jahren ermöglichte auch diesmal großzügige Leihgaben, die großenteils eigens restauriert wurden. Die Ausgrabungen förderten immer wieder erstaunliche Dinge zu Tage: Neben Mosaiken, die geradezu zynisch anmuten (ein Mann übergibt sich nach dem Gelage, daneben steht treu und ungerührt sein Sklave), koketten Venus-Statuetten kann man Geschirr, Schmuck und eine beheizbare Marmorbadewanne bewundern, die die alltägliche Verschwendungssucht bebildern. Sklavenfesseln und ein 3,5 Kilo schwerer Gladiatorenhelm sprechen von der dunklen Seite der Goldküste am Mittelmeer.
Projektionen, 3D-Simulationen und ganze nachgebildete Räume wie der Speisesaal des Claudius machen die Geschichte zum Erlebnispark – und lassen die hedonistische Sorglosigkeit der römischen High Society plastisch werden. Fazit: Knapp 2000 Jahre später sehen Dekadenz und neureiche Prunksucht kaum anders aus.
Roberta De Righi
Lerchenfeldstraße 2, bis 30. August, Di – Sa: 9.30 bis 18, So 9.30 – 20 Uhr, Katalog 24.90 Euro