"Über den Freistaat lästern und dann nach ihm rufen": Blume geht Münchens OB Reiter an

Markus Blume erteilt einer Zusammenarbeit zwischen der Stadt München und dem Freistaat Bayern bei der Gasteig-Sanierung eine weitere Absage.
von  Robert Braunmüller
Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU).
Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU). © Steffen Böttcher

Es ist eine alte und vergeblich oft beklagte Geschichte: Der Freistaat und die Landeshauptstadt rivalisieren kulturpolitisch in München. Zusammenarbeit gibt's beim Filmfest und auch sonst im Detail, nicht aber bei teuren Prestigeprojekten.

Der Klassiker auf diesem Gebiet ist die unkoordinerte Sanierung des städtischen Gasteig bei gleichzeitiger Planung eines Konzerthauses durch den Freistaat im Werksviertel. Keinem vernünftigen Menschen ist verständlich zu machen, wieso die Stadt den staatlichen Neubau nicht abgewartet hat, um ihn als Interim zu nutzen. Mit dem Ergebnis: Die Stadt hat die Isarphilharmonie gebaut. Und weil die niemand wieder abreißen will, ist es eine gute Frage, wieso man dann noch ein Konzerthaus braucht.

Markus Söder will "Denkpause" bei der Gasteig-Sanierung

Insofern ist die von Markus Söder diesem Projekt verordnete "Denkpause" nicht restlos abwegig. Vor diesem Hintergrund ist es allerdings ein wenig frivol, wenn der Oberbürgermeister beim Kulturempfang vor dem Gasteig in Anwesenheit des Kunstministers Markus Blume über Söders "Denkpause" spottet. Denn so eine große Leistung ist es auch wieder nicht, dass die Stadt nach einer endlosen Debatte im Herbst womöglich beschließt, das Gebäude nicht weiter leerstehen zu lassen, sondern zu sanieren.

"Die Stadtspitze kann nicht auf der einen Seite über den Freistaat lästern und auf der anderen Seite nach ihm rufen", lässt uns Blume dazu wissen. Denn gleich nach seinem Spott lud Reiter den Minister dazu ein, sich finanziell an der Gasteig-Sanierung zu beteiligen.

Sind oft verschiedener Meinung: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (li.) und Münchens OB Dieter Reiter.
Sind oft verschiedener Meinung: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (li.) und Münchens OB Dieter Reiter. © Alexander Hassenstein/Getty Images

OB Reiter will die Gasteig-Sanierung nun ohne den Freistaat vorantreiben

"Stadt und Freistaat haben in München große kulturelle Aufgaben", so die Antwort des Ministers. Man könne punktuell zusammenarbeiten, müsse seine Hausaufgaben aber selbst erledigen. Das gelte auch für den Gasteig. "Eine Beteiligung des Freistaats ist nach wie vor keine Option."

Reiter äußerte auf Nachfrage Überraschung. "Wir werden deshalb nunmehr ohne Einbeziehung des Freistaates das Projekt Gasteig-Sanierung vorantreiben, so der Oberbürgermeister entschlossen. "Leider bleibt der Kunstminister erneut die Antwort schuldig, ob der Freistaat im Hinblick auf die Absage an die Stadt den Konzertsaal im Werksviertel realisieren wird", fügte er hinzu.

Gasteig: 2014 schien eine Einigung zwischen Dieter Reiter und Horst Seehofer greifbar

Und damit sind wir nach der Debatte so klug wie zuvor. 2014 sah es kurz so aus, als wäre eine Zusammenarbeit möglich. Reiter verhandelte mit Horst Seehofer über eine gemeinsame Ertüchtigung von Gasteig und Herkulessaal durch Stadt und Freistaat. Das BR-Symphonieorchester wollte allerdings auf sein vom Steuerzahler zu finanzierendes Prestigeprojekt eines eigenen Saales nicht verzichten. Ein Gutachten wurde lanciert, wonach die gemeinsame Bespielung des Gasteig durch zwei Orchester wenig praktikabel sei. Und damit war die Sache wieder vom Tisch.

Blume hat auch zuvor bereits mehrfach ausgeschlossen, dass er eine Beteiligung des Freistaats am Gasteig kommen sieht. Ein Hintertürchen bleibt aber offen: "Was ich mir aber vorstellen könnte, ist eine deutlich längerfristige kulturelle Zwischennutzung des Gasteigs. Darüber können wir gerne sprechen, vor allem, wenn die Investorensuche noch länger dauern sollte."

Nicht nur beim Gasteig: Auf Stadt und Freistaat warten große Aufgaben

Was genau damit gemeint ist, wollte auf Nachfrage niemand präzisieren. Der Oberbürgermeister wollte Blumes Äußerung nicht kommentieren. Was vielleicht auch ganz gut ist. Denn irgendwie schien sich das Verhältnis zwischen Staat und Stadt zuletzt zu entspannen. Bei der Kulturlounge des (abwesenden) Ministerpräsidenten waren nicht nur Vertreter der Landtags-Opposition vertreten, sondern neben dem Kulturreferenten auch andere Menschen aus dem städtischen Umfeld. Und umgekehrt waren auch beim Empfang des Oberbürgermeisters Intendanten und Leiter staatlicher Museen und Theater.

Daher: Aufgrund des Sanierungsstaus kommen große und teure Aufgaben auf den Freistaat und die Stadt zu. Eine verstärkte Zusammenarbeit ist nicht nur notwendig, sondern auch alternativlos. Ein guter Anfang wäre es schon einmal, gegenseitige Frotzeleien auf höchster Ebene endlich einzustellen. Denn weiter unten, wo die Arbeit gemacht wird, scheint das Verhältnis tatsächlich ganz gut zu funktionieren.

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