Tratsch und Tortenglück
Die Welt der Frauenzeitschriften ist immer noch schön, bunt und heil – doch ihr Markt wird immer unübersichtlicher, die Preise verfallen. Die AZ wagt einen Streifzug durch die Szene der Yellow-Press
Super günstig, 80 pralle Seiten, großer Rätselteil“ – so machen Verlage wie Bauer, Burda oder Springer auf ihre Frauenzeitschriften aufmerksam. Die Welt der Klatsch- und Ratgeber-Blättchen ist bunt – und wird immer unübersichtlicher. Trotz Krise wächst das Angebot. Die AZ ging auf Streifzug durch die Yellow-Szene.
Meist wöchentlich erscheinen Hefte wie „Frau im Trend“, „Freizeitwoche“ und „Lisa“. Sie sind 45 bis 90 Seiten dick, haben eine Auflagenstärke von Hunderttausend bis zu einer Million und werden zum Kampfpreis von maximal einem Euro angeboten.
Neben Traumhochzeiten und Tragödien gehören Artikel wie „Tortenglück ganz ohne backen“ zu den typischen Themen. Rezepte sammeln ist „in“. Man erfährt, wie die „Grillsoße mit dem gewissen Etwas“ gelingt und wie man „zehn Kilo in nur sechs Wochen“ verliert. Weiter geht es mit der optimalen Haushaltsführung, mit Tipps fürs Blumenbeet und für alles, was das Familienleben schöner und den Alltag einfacher macht. „Leser raten Lesern“, was sie tun können, „wenn der Abfluss müffelt“ oder „wenn das Bratfett an der Pfanne klebt“.
Das Wissen der Großmütter
Zudem finden sich in dieser Rubrik aktuelle Urteile im Bereich Reise-, Versicherungs-, Familien-, Patienten-, Arbeits- und Mietrecht. Und wie man sich schützt – vor Mücken wie vor Einbrechern. Nach den „Schnäppchen der Woche“ geht es direkt zu Schmink- und Schönheitstipps.
„Zaubern Sie mehr aus Ihrem Haar“, prangt es in pinkfarbenen Buchstaben, bevor „Turbo-Tipps für straffe Haut“ das Angebot abrunden. Doch was sind schon Beautytipps gegen das Wissen unserer Großmütter. Unter „Was Oma noch wusste“ lernt man, dass Kamille das Haar zum Glänzen bringt, dass Bärentraubenblätter gut für die Blase sind und Hagebutte gut bei kranken Gelenken ist.
Nicht fehlen darf natürlich das Thema Medizin. Alle Hefte bieten eine „Leser fragen, Ärzte antworten“-Rubrik. Die Tipps sind zum Sammeln gedacht, Löcher für den Ringordner schon eingezeichnet. Ein idyllischer Reiseteil, „Kniffliges für schlaue Ratefüchse“, „die schönsten Liebesgedichte“ und „Wohlfühlsprüche für jeden Tag“ vollenden die schöne, meist heile Welt.
Auflage sinkt, Angebot wächst
Überhaupt scheint auch die Welt der günstigen Frauenzeitschriften selbst noch heil zu sein. „Sie erfüllen heute das gleiche Bedürfnis wie früher der Tratsch auf dem Marktplatz“, sagte Verleger Heinz Bauer im „Spiegel“. Solange sich Menschen für andere Menschen interessieren, funktioniert der moderne Markt(platz) der „Freizeit Wochen“, „Leas“ und „Lauras“.
„Die Auflage dieser Hefte nimmt zwar tendenziell ab, das Angebot in diesem Segment wächst aber“, beobachtet „Kress“-Redakteur Christian Meier. Vor einigen Wochen wagte sich sogar Neu-Verleger Raimond Ahlborn mit einer neuen Frauenzeitschrift „Meine besten Seiten“ (siehe Interview unten) erfolgreich auf den Markt.
Dass im Billig-Segment heftig konkurriert wird, ist nicht neu. Die Sparmaßnahmen der großen Verlage sind es eher schon. „Der branchenweite Trend geht dazu, dass eine Redaktion gleich mehrere Hefte bestückt“, sagt Meier. Springer beispielsweise legte die teuere „Bild der Frau“ mit „Frau von heute“ zusammen. So versucht man, mit der preiswerten „Frau im Trend“ von Konkurrent Burda mitzuhalten. Das Risiko, mit der günstigeren „Frau von heute“ der „Bild der Frau“ zu schaden, wird in Kauf genommen. „Außerdem gibt es genügend Frauen, die auf Marken achten und aus Gewohnheit bei der ,Bild der Frau’ bleiben“, so Meier. Als „Erfolgsrezept“ nennt er die niedrigen Druckkosten, die „schlank aufgestellten“ Redaktionen und die enorme Auflagenstärke.
Doch ein Manko bleibt: Mancher Verlag hat mit einem Schmuddel- und Billigimage zu kämpfen. Ernsthafter Journalismus bleibt da fast immer auf der Strecke. „Qualität heißt in meinen Augen, seine Zielgruppe zu erreichen und zufrieden zu stellen“, stellt Bauer fest – und klärt auch über die Einstellung der Anzeigenkunden auf: „Viele legen heute wieder mehr Wert auf harte Auflagen – und weniger auf Image.“
Dorina Herbst