Tödliche Sex-Bomben und antike Boliden

„Mythos in Metall“: Christoph Bergmanns teuflisch-schöne und windschnittige Alu-Mischwesen in der Glyptothek
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„Mythos in Metall“: Christoph Bergmanns teuflisch-schöne und windschnittige Alu-Mischwesen in der Glyptothek

Was haben die Aphrodite von Knidos und das US-Kampfflugzeug „Enola Gay“, von dem aus 1945 die Atombombe auf Hiroshima abgeworfen wurde, gemeinsam? Eigentlich nicht viel, aber der Münchner Bildhauer Christoph Bergmann (50) zieht mit seinen derzeit in der Glyptothek ausgestellten Skulpturen eine Linie von der idealisierten Natur zur monströsen Technik: Er baut, schraubt, nietet und hämmert aus Aluminium teuflisch-schöne Mischwesen, in deren technischer und gestalterischer Perfektion sich die göttlichen Marmorkörper der Antike und die Stromlinien-Ästhetik aus Schiffs-, Flug- und Fahrzeugbau verbinden. So findet man den windschnittigen Boliden „Rollender Apoll“, dessen makelloser Oberkörper zum „Silberpfeil“ wird, oder einen muskelbepackten „Kentaur“, dessen imposanter Torso direkt in einen Kampfwagen übergeht.

Fast unheimlich vertraut

Beim Streben nach absoluter Perfektion liegen Schrecken und Faszination eben oft sehr nah beieinander. In den antiken Fabelwesen der Tritonen, Nereiden, Kentauren und Sphingen verbanden sich Tier und Mensch, um ihre Fähigkeiten zu steigern. „Doch in der Überfähigkeit dieser Gestalten lag immer auch eine Furchtbarkeit, etwas Dämonisches. So wie bei der Sphinx, die so schlau war, dass keiner ihre Rätsel lösen konnte“, erklärt Glyptotheks-Direktor Raimund Wünsche. Und die alle ihr intellektuell Unterlegenen tötete.

Bergmanns ambivalente Schöpfungen beeindrucken Wünsche schon seit langem. Denn der Paolozzi-Schüler holt nicht nur die antiken Mythen ins Heute, sondern setzt sie auch äußerst effektvoll in Szene. Und seine Schöpfungen wirken neben dem Barberinischen Faun und all den anderen Marmorknaben fast unheimlich vertraut. Nur die plakativen Titel sind mitunter zu viel des Bildhaften.

Da wird, gleich zu Beginn der Ausstellung, der Körper einer beflügelten Liebesgöttin zur tödlichen Waffe: Beim „Flug der Venus“ hängt deren insektenartig spitz zulaufender Unterkörper wie ein Damoklesschwert im Raum. Beim „Universal Soldier“ gehen die Arme des schneidigen Helden in monströse Flossen über, die mit Wucht zur Waffe werden. Dagegen sehen Robocop und der Terminator wie Spielzeug-Ungeheuer aus.

Roberta De Righi

Bis 18. Oktober, Di – So 10 bis 17, Do bis 20 Uhr

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