Tod und Tänzerinnen

Tatort Ballettbühne – noch einmal mit Alen Bottaini: Terence Kohler choreografiert den Krimi „Série Noir“ im Prinzregententheater
von  Abendzeitung

Tatort Ballettbühne – noch einmal mit Alen Bottaini: Terence Kohler choreografiert den Krimi „Série Noir“ im Prinzregententheater

Die Intensität, mit der Ballettchef Ivan Liska an das außergewöhnliche Talent des erst 25-jährigen australischen Choreografen glaubt, erinnert an die Halsstarrigkeit, mit der Fußball-Bundestrainer Joachim Löw dem erfolglosen Bayern-Stürmer Miroslav Klose die Treue hält. Der Tanz-Krimi „Série noire“ entpuppte sich im Prinzregententheater als eine Mogelpackung: alles leere Versprechungen. Spannung kam nur auf, weil man ja dann doch wissen wollte, wer der Böse ist. Doch auch der Detektiv im schicken Trenchcoat hatte keine Ahnung.

Eine Ballett-Compagnie probt ein Stück, das nur zweimal aufgeführt wurde: in St. Petersburg gegen Ende des 19. Jahrhunderts und zu Paris etwa 50 Jahre später. Man ist nervös, weil die Vorgänger-Produktionen jeweils den geheimnisvollen, tragischen Tod der Primaballerina zu beklagen hatten. Ausführlich zeigt uns Terence Kohler, wie unsicher die Tänzerinnen und Tänzer auf die hektischen Anweisungen ihres Choreografen reagieren. Die Star-Solistin patzt, macht eine Szene und wird durch eine jüngere ersetzt, die dann wie ihre Kolleginnen aus Paris und St. Petersburg ins Gras beißen muss.

Terence Kohler macht sich das Leben leicht

Diese wenig amüsante Ausgangsposition erlaubt es dem Choreografen, zurück zu blenden und unbeschwert in drei Zeitebenen hin und her zu hüpfen. Terence Kohler macht sich das Leben leicht. Uralt-Gesten für die russische Ballerina (Mia Rudic), neoklassizistische Eleganz bei den gelegentlich auch auf einer Video-Leinwand gezeigten Turnübungen aus Paris (Lucia Lacarra, Cyril Pierre), maßvolle Postmoderne für die Gegenwart – ein Trick, der das Interesse des Betrachters wach halten sollte.

Er funktionierte vor allem deshalb nicht, weil Kohler auf allen stilistischen Ebenen nur Konvention und Handwerk anbot. Was insoweit schade war, weil die Musikauswahl (Philip Glass, Pierre Jodlowski) diesmal wirklich schlüssig wirkte.

Alen Bottaini (37), der sich nach 17 Jahren vom Staatsballett verabschiedet, musste als Detektiv viele belanglose Bühnenschritte absolvieren, bis ihm gegen Ende dann doch noch ein großes, groteskes Solo geschenkt wurde. Wieder einmal stellte er seine wunderbaren Qualitäten unter Beweis. Wir werden ihn vermissen.

Volker Boser

Prinzregententheater: wieder am 25. Juni, Karten unter Tel.: 2185–2899

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