Tod als Kindheitstraum
Joseph Vilsmaier verfilmte mit Michael „Bully“ Herbig und Franz Xaver Kroetz in den Hauptrollen „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“ neu.
Franz Xaver Kroetz bringt es bei der Münchner Pressekonferenz zur „Brandner Kaspar“-Neuverfilmung (ab 16. Oktober im Kino) auf den Punkt: „Wenn man in München ein Theater voll haben will, muss man den ,Brandner Kaspar’ spielen.“ Was im Residenz Theater jahrelang funktionierte, glückte zuletzt auch Christian Stückl in seiner höchst erfolgreichen Volkstheater-Inszenierung.
Darin gab der famose Maximilian Brückner („Räuber Kneissl“) im Rumpelstilzchen-Stil den Boanlkramer, der beim Kartenspielen im Suff vom Brandner Kaspar über den Tisch gezogen wird, und ihm weitere 18 (im Film 21) Lebensjahre gewähren muss.
Herbig: "Eigentlich kein Schauspieler"
In seine Schuhe und in die des großen Toni Berger schlüpft im Film nun Michael „Bully“ Herbig, bisher eher für deftige Indianer-Parodien als für gruslig-komische Figuren bekannt. Um gleich alle Vorbehalte abzuwehren, versichert Bully als erstes auf der Pressekonferenz: „Eigentlich bin ich gar kein Schauspieler. Ich mach nur, was mir Spaß macht. Vor drei Jahren fragte man mich, was ich am Theater spielen wolle. Da sagte ich: Wenn schon, dann den Boanlkramer. Und plötzlich bot mir der Sepp Vilsmaier die Rolle an.“
In das gleiche Horn stößt der zweite Hauptdarsteller, das bayerische Schriftsteller- und Theaterurviech Franz Xaver Kroetz („Kir Royal“): „Ich bin ja vor allem Schriftsteller, und zuerst war ich auch skeptisch, denn in der Geschichte ist der Brandner Kaspar eine ängstliche alte Socke. Ich wollte ihn als gscherten, schrägen Bayern spielen, und damit war der Sepp einverstanden.“
Bully als Boanlkramer: Der Video-Trailer zum Film
Der „Sepp“ ist der mittlerweile 69-jährige Regisseur Joseph Vilsmaier („Herbstmilch“, „Schlafes Bruder“). Für ihn geht mit der Kinoadaption des urbayerischen Stoffes ein Kindheitstraum in Erfüllung: „Mit der 1949er Verfilmung vom Brandner Kaspar verbinde ich meine ersten Filmerfahrungen. Mein Vater war damals Fahrer bei der Bavaria und brachte mich als kleinen Jungen gemeinsam mit Paul Hörbiger zum Set in Berchtesgaden“, schwelgt Vilsmaier in Erinnerungen.
Drehort: Benediktenwand
„In zwei wunderbaren Monaten“ drehten Vilsmaier und seine Crew im Herbst 2007 in Murnau, am Tegernsee oder an der legendären Benediktenwand, um der bayerischen Volkslegende des „Brandner Kaspar“ gerecht zu werden. Nur für die Himmelsszenen wurde im Studio gefilmt. Die künstlichen Papp-Kulissen und billig wirkenden Spezialeffekte erwecken hier leider den Eindruck einer kostengünstigen TV-Produktion und nicht die eines fünf Millionen Euro teuren Kinofilms mit deutscher Starbesetzung.
Und auch sonst wirkt Vilsmaiers Version mit seiner bierselig-ruhigen Erzählweise wie ein mutiger Gegenentwurf zu schnell geschnittenen, modernen Filmen: „Ich wollte den Stoff nicht verfälschen und schon gar nicht eine gefällige, hochdeutsche Version davon machen. Sonst hätte man mich in Bayern geköpft.“
Den magischen Höhepunkt von „Brandner Kaspar“ drehte Vilsmaier aber nicht in Bayern, sondern in den Lienzer Dolomiten. Da zeigt der Boanlkramer dem Brandner Kaspar die Pforte zum Paradies. Der Zuschauer sieht kein animiertes Himmelstor oder anderen Fantasy-Firlefanz.
Dafür reicht Vilsmaier ein Kameraschwenk über einen im Sonnenlicht glitzernden Bergsee, flankiert von den prächtig-verschneiten Dolomiten. Im wehmütigen Blick von Franz Xaver Kroetz sieht man all die Ehrfurcht vor diesem erhabenen Berg-Ruheort fernab der Zivilisation. Ganz ohne Aufwand veranschaulicht Vilsmaier damit dem Zuschauer Brandners endgültiges Abfinden mit dem Tod.
Florian Koch