Teuer oder echt?
Zwei Ägypten-Ausstellungen in München zeigen nicht nur die Kultur vom Nil, sondern auch, wie man Besucher abschreckt
Für Ägypten-Fans hat München noch einige Sommertage lang viel zu bieten: Gleich zwei besondere Ausstellungen buhlen um die Gunst der Besucher – und interessant ist der Doppelpack vor allem, weil die beiden Konzepte gegensätzlicher nicht sein könnten.
Im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst (in der Residenz, Eingang am Hofgarten, noch bis 30.8.) ist „Last Exit Munich“ zu sehen, eine einmalige Gelegenheit zum Besuch bei den mutmaßlich zum letzten Mal aus dem Ägyptischen Museum Berlin ausgelagerten Schätzen. Und in der Eventarena im Olympiapark gibt es „Tutanchamun – Sein Grab und seine Schätze“ (südlich der Parkharfe, noch bis 6.9.), eine mit vielen Show-Elementen durchwirkte Replika-Schau.
Wer beide Ausstellungen besucht, hat die wohl derzeit weltweit beste Gelegenheit, in kurzer Zeit die größte Menge an Wissens- und Erlebenswertem über die uralte Hochkultur vom Nil in sich aufzunehmen. Leider erfährt man aber auch, wie solche an und für sich hochwertigen Angebote ihre Besucher enttäuschen, wenn nicht gar verprellen können. Im Staatlichen Museum stehen die wunderbarsten Exponate, unersetzliche Originale, umweht von der Aura des Echten. Doch leider hat die Didaktik der Ausstellung ihre Schwächen. Umständlich hangelt man sich von Exponat zu Schildchen und zurück, rätselt über die Zuordnung der Erklärzettel und deren meist trocken formulierten Inhalt.
.uch der Audioguide ist nur begrenzt eine Hilfe, denn er doziert in zum Teil oberlehrerhaftem Ton und wendet sich offenbar an ein Publikum aus Ägyptologen und Professoren für Alte Geschichte. In der Event-Arena wird der Besucher dagegen geführt und begleitet von gut verständlichen Texten, tollen Fotos und dem ganzen Repertoire der modernen Multimediapädagogik. Nach ausführlicher Einführung geht es dort in den Nachbau der Tutanchamun-Grabkammer und schließlich zu einer goldig glänzenden, depothaften Schau von aufwändig hergestellten Kopien der Königs-Schätze. Da ist nichts echt, aber es macht Spaß, umherzuwandern und die Dinge aus nächster Nähe auf sich wirken zu lassen.
Die Frage ist aber auch, ob das jeweilige Preis-Leistungs-Verhältnis angemessen ist. Im Staatlichen Museum zahlt der Besucher 6 Euro (ermäßigt 4), der Audioguide ist inbegriffen und Kinder bis 16 Jahre sind frei. Da kann man mit Blick auf die Einmaligkeit der Schau nicht meckern. In der Event-Arena dürfte es allerdings nicht wenigen schon an der Kasse die Sprache verschlagen. Sagenhafte 16 Euro werden pro Person verlangt (am Wochenende sogar 19), ermäßigt 13 Euro (16) und für Kinder 8 Euro (10) – der Familienpass für 39 Euro (Wochenende 49) ist da nicht mehr als ein billetöses Feigenblatt. Es muss erlaubt sein, eine solche Preisgestaltung eine Unverschämtheit zu nennen – vor allem, weil der durchschnittliche Besucher nach einer längeren Wanderung durch den Olympiapark bis zur Event-Arena nur in den seltensten Fällen an der Kasse kehrt machen dürfte, schon gar nicht mit Kindern.
Dass die Stadt, die ja immerhin Eigentümerin des Olympiaparks ist, eine solch dreiste Geldbeutelschneiderei für eine Ausstellung von Kopien auf ihrem Terrain duldet, wundert doch sehr.
Michael Grill
Leserbrief zu diesem Artikel
Sehr geehrter Herr Grill, Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion,
zu Ihrem Artikel "Teuer oder echt?" erlauben Sie mir als Gesamtleiter der Tutanchamun-Ausstellung bitte folgende Anmerkung:
Zugegeben, im Vergleich zu einem staatlichen Museum sind unsere Eintrittspreise - für Schüler 6,50 Euro, Kinder 8,-- Euro, Erwachsene 16,-- Euro an Werktagen, an Wochenden erhöhte Eintrittspreise - sehr hoch. Das Familienticket für 39,-- Euro an Werktagen ergibt einen Einzelpreis von 9,-- Euro pro Person, jedes weitere Familienmitglied zahlt 5,-- Euro. An Wochenenden kostet das Familienticket 49,-- Euro, was 12,25 Euro pro Person ausmacht. Wir bewegen uns mit dieser Preisgestaltung im üblichen Rahmen privatwirtschaftlich betriebener Ausstellungen und Freizeiteinrichtungen, wie der "Körperwelten"-Tournee, den "Sealife"-Centern, "Madame Tussauds" in Berlin, dem "Dungeon" in Hamburg oder dem Leogoland. Unsere Preise sind nicht versteckt sondern überall im Internet, an Vorverkaufsstellen und Broschüren zu sehen.
Sie schreiben: "Es muss erlaubt sein, eine solche Preisgestaltung eine Unverschämtheit zu nennen". Nein, das ist nicht erlaubt, denn Sie blenden in Ihrer Argumentation sehr bewußt aus, dass ein staatliches Museum hoch subventioniert ist und NUR DESHALB Eintrittspreise von deutlich unter 10,-- Euro verlangen kann.
Es wäre fair gewesen, wenn Sie hier gründlicher recherchiert hätten: Unseren Preisen liegt eine Kalkulation zugrunde, die auf enormen Kosten beruht: Die Tutanchamun-Schau hat einmalig 5 Millionen Euro gekostet und in München fallen für die örtliche Durchführung über 5 Monate 2.2 Millionen Euro an für Miete, Personal, Werbung und vieles, vieles mehr. Wir müssen diese 2,2 Millionen zunächst einmal zurückverdienen und langfristig auch die Ausstellung refinanzieren. Es ist unsachlich, wenn Sie hier den Olympiapark oder die Stadt München anführen, die Ihrer Meinung nach für geringere Eintrittspreise sorgen sollen - der Olympiapark erhält eine Mietzahlung Als in München verwurzelte Zeitung sollte Ihnen das Wohl der Region auch am Herzen liegen, oder zumindest sollten Sie Ihren Artikel etwas ausbalancieren: Von unseren örtlichen Kosten in Höhe von 2.2 Millionen Euro verbleiben gut 1.9 Millionen Euro direkt in München und Großraum: Miete, Löhne und Gehälter, Hotelzimmer, Wohnungen, Strom, unzählige Dienstleister vom Gabelstaplerverleih bis zu Gärtnereien, Reinigungsfirmen und, und, und … und auch bei Medienhäusern wie dem Ihren.
Darf ich Ihren Text im Gegenzug böswillig nennen? Ich glaube, schon - denn Sie haben nicht mal um eine Stellungnahme oder Hintergrundinformation gefragt. Darf ich vermuten, daß das an den wirtschaftlichen Sparzwängen, die Ihnen keine Zeit zur Recherche ließen? Mit freundlichen Gruessen
Christoph Scholz
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